14. März 2025 | Bernd Hüttner
Eine Rezension von Bernd Hüttner
Die Linke in der Schweiz hat es schwerer als die vieler anderer Länder in Europa. In einem Land zu leben und politisch zu arbeiten, das strukturell so konservativ und einer der Hotspots des globalen Kapitalismus ist, ist eine Herausforderung. In der Schweiz beträgt das durchschnittliche Vermögen statistisch fast 700.000 Dollar pro EinwohnerIn, die reichsten fünf Prozent besitzen drei Viertel des gesamten Vermögens und das Vermögen des reichsten Prozents der Bevölkerung hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt.
Das 2004 gegründete Denknetz ist der linke Think Tank der Schweiz. Als Einrichtung von «unten» lebt er finanziell von seinen 1.500 Mitgliedern und leistet gesellschaftstheoretische und politische Grundlagenarbeit. Neben Fach- und Regionalgruppen leistet das Denknetz eine umfangreiche Textproduktion, die online einsehbar ist. Das aktuelle Jahrbuch des Denknetz fordert im Vorwort Geduld und Nüchternheit ein, ohne die es auch keine Hoffnung geben könne. Falls die progressiven Kräfte keine Zukunftshoffnung aufbauen oder vermitteln könnten, dann würde das «Zukunftsvakuum» durch antidemokratische, wenn nicht faschistische Kräfte gefüllt. Die insgesamt 16 Artikel untersuchen in der ersten Sektion «die Krise» bzw. ihre Beschreibungen. Pascal Zwicky, Sekretär des Denknetz, führt den Begriff der «Polykrise» näher aus, bemängelt aber seine mangelnde herrschaftstheoretische Einbettung. Roland Herzog und Hans Schäppi halten «den Marxismus» als Instrument zur Analyse der gegenwärtigen Situation für geeignet. Geeignet, wenn er sich durch die feministische Kritik und eine Aneignung des Gedankenguts der politischen Ökologie zu einer «ökologischen, und care-orientierten, undogmatischen, feministischen und libertären» (S. 10) Lesart modernisiert habe. Continue Reading »
Tags: Schweiz
Posted in Akteure, Bewegungen, Europa, Gewaltapparate, Gewerkschaften, Kapitalismus, Krise, Linke, Neoliberalismus, Ökologie, Politik & Analyse, Politische Bildung, Publikationen, Rezensionen, Soziales, Sozialismus, Szenarien, Transformation | No Comments »
8. März 2025 | Bernd Hüttner
Eine Rezension von Sebastian Klauke
Ökosozialistisches Denken hat spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie 2020 wieder an Kontur und Einfluss gewonnen, wobei sich verschiedene Diskurse und Denkrichtungen überlagern, etwa zum «Green New Deal» und Degrowth sowie marxistische Beiträge. Der vorliegende Band gehört zur empfehlenswerten theorie.org-Reihe und wurde von drei Autor*innen konzipiert, wobei von ihnen nur die Einleitung und das Schlusskapitel geschrieben wurden. 
Der erste Teil, menschengemachter Klimawandel, zeigt das Problem unserer Gegenwart im Rahmen globaler durchgesetzter kapitalistischer Reproduktionsbedingungen präzise auf. Die wichtigsten Parameter des Klimawandels werden eindrücklich aufgeführt. Im zweiten Teil, Natur und Gesellschaft im Kapitalismus, werden dann aber die Probleme des Buches deutlich: Begrifflichkeiten laufen durcheinander oder werden zumindest nicht präzise verwandt – etwa Gemeinschaft und Gesellschaft oder Klasse, Krise oder Katastrophe. Die Darstellung der Gedanken Marx‘ zum Kapitalismus gestaltet sich auch schwierig, zumindest wenn die Leser*in anderweitig erworbenes Wissen mitbringt, da der Text notwendig verkürzt (und anderswo hinsichtlich der Marxschen Kapitalismusanalyse bereits mehrfach besser dargelegt wurde), die historischen und geographischen Dimensionen der Ausführungen bleiben unkonkret und unpräzise. Die Dynamik geht verloren, vieles liest sich schematisch, der Sprachgebrauch ist mitunter anklagend. Eine Einordnung des Klimawandels als wesentliche Dimension der gegenwärtigen Krisenkonstellation unterbleibt. Die relevante Literatur zum Thema wird zwar für die eigene Argumentation herangezogen, aber leider nicht systematisiert, sondern nur punktuell ausgewertet. Wer tiefer in das Thema einsteigen will, findet hier alle relevanten Titel.
Stark ist das dritte Kapitel zum fossilen Kapitalismus – hier wird nachgezeichnet, warum eigentlich Kohle und Öl so grundlegend und relevant für unsere Gesellschaftsordnung wurden; mit einer «natürlichen» oder «zufälligen» Entwicklung hat dies alles nichts zu tun. Es folgen kapitelweise Abrechnungen mit der Klimapolitik, der Klimabewegung, dem Green New Deal sowie Degrowth/Postwachstum-Perspektiven. Die Paradoxien, Widersprüche, Illusionen, Stärken wie Schwächen all dieser Ansätze werden trotz der Kürze korrekt benannt, aber das letzte Kapitel, zum ökologischen Sozialismus, bietet als Aufruf auch keine Lösung an. Die Arbeiter*innenklasse wird als wichtigster Akteur angerufen, Klassenpolitik beschworen. Die Stoßrichtung der Autor*innen ist nachvollziehbar, samt der durchschimmernden Verzweiflung angesichts des bisherigen Verlaufs aller Entwicklungen. Aber mehr als ein Appell zur zweifelsohne bestehenden Dringlichkeit bleibt am Ende nicht übrig.
Katja Wagner, Maximilian Hauer, Maria Neuhauss: Klima und Kapitalismus. Plädoyer für einen ökologischen Sozialismus, Schmetterling Verlag, Stuttgart 2025, 220 Seiten, 15 Euro
Tags: DeGrowth
Posted in Akteure, Bewegungen, Gewaltapparate, Linke, Ökologie, Politik & Analyse, Rezensionen, Soziales, Sozialismus, Szenarien, Transformation | No Comments »
18. Februar 2025 | Bernd Hüttner
Ausgangspunkt des Bandes ist, dass multiple Krisen auch Bildung herausfordern einen Umgang mit und eine Rolle in gesellschaftlichen Transformationsprozessen zu finden. Da inspirierende Impulse hierzu derzeit insbesondere aus sozialen Bewegungen kommen, werden in einer qualitativen Studie die Bildungspraxen der Klimagerechtigkeitsbewegung beleuchtet. Davon ausgehend wird skizziert, was politische Bildung im Kontext sozial-ökologischer Transformation aus kritischer gesellschaftstheoretischer Perspektive bedeuten kann. Es werden zudem Anknüpfungspunkte für eine politisch gedachte transformative Bildung herausgearbeitet.
Der Band, der auf der Dissertation der Autorin beruht, ist hier auch open access zugänglich.
Julia Lingenfelder: Politische Bildung und sozial-ökologische Transformation. Impulse aus Bildungspraxen der Klimagerechtigkeitsbewegung, Wochenschau Verlag, Frankfurt/Main 2025, 416 Seiten, 54 Euro.
Tags: Bildung, Klimabewegung, Sozialökologische Transformation, Transformationsforschung
Posted in Akteure, Bewegungen, Ökologie, Politik & Analyse, Politische Bildung, Publikationen | No Comments »
2. Februar 2025 | Bernd Hüttner
Der Argument-Verlag hat die Zeitschrift “Pelagea – Berliner Materialien zur Frauenemanzipation” frei als PDF verfügbar gemacht. Die Zeitschrift erschien als die des Sozialistischen Frauenbund Westberlin von 1970 bis 1984 in insgesamt 21 Ausgaben. Sie sind hier argument.de/produkt/pelagea/ online.
Posted in Akteure, Bewegungen, Feminismus, Gender, Politik & Analyse, Publikationen | No Comments »
5. Januar 2025 | Bernd Hüttner
Die Zeitschrift «PERIPHERIE
» erscheint 2024 bereits im 44. Jahr. Die erste Ausgabe dieses Jahrgangs (Nr. 173) widmet sich dem Thema Internationalismus und somit einem Thema, das die letztendlich schon immer akademische Zeitschrift seit ihrer Gründung in verschiedenerlei Hinsicht bearbeitet hat, etwa als Kritik an Globalisierung, Entwicklungspolitik oder -theorie. Eine Übersicht über die bisher erschienenen Ausgaben, die allesamt Themenhefte sind, findet sich auf www.zeitschrift-peripherie.de. Die Inhalte der Hefte werden nach zwei Jahren frei zur Verfügung gestellt.
Die Ausgabe 173 zeichnet in zwei sehr guten Artikeln die Geschichte des sogenannten «neuen Internationalismus» nach, der in den 1990er-Jahren entstand. Dass es im sozialrevolutionären Spektrum der Zeitschriften AUTONOMIE. Neue Folge und Materialien für einen neuen Antiimperialismus bereits ab 1985, im Vorfeld der Proteste gegen die Tagung des IWF in Westberlin 1987, eine Debatte dazu gegeben hatte, kommt in dem Heft allerdings nicht vor. Die Texte fragen nach Akteur*innen und Themen eines «neuen Internationalismus» und konturieren seine Inhalte. Sie stellen fest, dass eine Unterteilung in «Süden» und «Norden» nicht mehr richtig sei, es Imperialismus und Geopolitik auch jenseits der NATO gebe, etwa in den BRICS-Staaten, und sich deswegen die Kritik auch an diese Länder richten müsse (von Russland ganz zu schweigen). Zudem habe der Kapitalismus, dies zeigten die Migrationsströme überdeutlich, eben doch für viele Menschen Verbesserungen gebracht und sei deshalb attraktiv . Nicht zuletzt seien viele unter dem Banner des «Antiimperialismus» angetretene Regime autoritär geworden und könnten damals wie heute keinerlei Bezugspunkt für eine undogmatische, internationalistische Linke sein. Continue Reading »
Posted in Politik & Analyse | No Comments »
30. Dezember 2024 | Bernd Hüttner
Dass an dieser Stelle die Besprechung einer Zeitschrift steht, ist eher ungewöhnlich – und erst recht einer seit mehr als zehn Jahren existierenden. Doch die Wiederaufnahme von «Lunapark21» ist durchaus etwas Besonderes – wegen des Themas und wegen der beteiligten Personen: Als die Zeitschrift 2008 gegründet wurde, fand der Höhenflug der kapitalistischen Wirtschaft mit der Finanzkrise gerade sein Ende. Es sei «womöglich kein schlechter Zeitpunkt für ein neues Magazin zur Kritik der globalen Ökonomie gewesen», notiert die neue Redaktion im Rückblick. Und nun, drei Tage nach der Trump-Wahl in den Vereinigten Staaten und dem Ampel-Aus in Deutschland sei es «vielleicht kein schlechter Zeitpunkt für die Wiederaufnahme», orakelte die Redaktion weiter.
Was war geschehen? – Unter ihrem Gründer und «Spiritus Rector» Winfried Wolf erschienen im Verlauf der Jahre 61 Ausgaben von Lunapark21. Im Mai 2023 erlag Wolf einem Krebsleiden und die 62. Ausgabe erschien mit früheren Beiträgen und einer Würdigung seines Schaffens. Neben der aktiven Beteiligung an der «Zeitung gegen den Krieg» war der ehemalige Bundestagsabgeordnete und linke Journalist unter anderem auch als profunder Verkehrswende-Aktivist und aktiver Unterstützer der langjährigen Widerstandsbewegung gegen Stuttgart21 bekannt. Continue Reading »
Posted in Politik & Analyse | No Comments »
29. Dezember 2024 | Bernd Hüttner
Der Arbeitsschwerpunkt Digitalisierung (AS Digi) des BUKO (Bundeskoordination Internationalismus) hat sich seit seiner Gründung 2021 vor allem mit dem Konzept «Smart City» beschäftigt. Aus den intensiven Diskussionen ist die Broschüre «Ein kritischer Blick auf das Konzept Smart City» entstanden, die nun online ist. Die Inhalte der Broschüre wurden auch schon auf mehreren Veranstaltungen diskutiert. Die Broschüre findet sich online und als PDF hier: smartcity.noblogs.org/.
Noch gibt es auch gedruckte Exemplare, die per Mail erfragt werden können. Der AS Digi freut sich über Fragen, Kritik, Anregungen zur Broschüre, über Anfragen zu Veranstaltungen und natürlich auch zum Arbeitsschwerpunkt selbst. Kontakt unter: asdigitalisierung(at)buko.info.
Tags: Stadt, Stadtentwicklung
Posted in Akteure, Gesellschaftsanalyse, Gewaltapparate, Neoliberalismus, Ökologie, Politik & Analyse, Publikationen, Szenarien | No Comments »
21. Dezember 2024 | Bernd Hüttner

Die neue Ausgabe des Jahrbuch „Ökonomie und Gesellschaft” hat das Thema „Konversion – Wirtschaftsdemokratie für den sozialökologischen Umbau”. Sie wird von Peter Bartelheimer und
Silke Oetsch im Metropolis-Verlag herausgegeben. Der 484 Seiten starke Titel ist auch
Open Access:
www.metropolis-verlag.de/dl/OpenAccess/1586.pdf
Im Band finden sich aktuelle Kontroversen zur Transformation der Automobilindustrie. Weitere Beiträge zeichnen Transformationsaufgaben im Sozialbereich und im Stoffstrommanagement nach. Sie diskutieren Möglichkeiten politischer Gestaltung im regionalen Strukturwandel, in der Arbeitsmarktpolitik und im Finanzsystem. Sie beziehen Position zu wirtschaftsdemokratischen Perspektiven in der sozialökologischen Transformation. Konversionsstrategien setzen auf gestaltenden Einfluss von Arbeiter:innen, um Transformationsblockaden auf der Seite der Produktion aufzubrechen. Produkt- und Produktionsalternativen sollen zugleich Naturverbrauch und Emissionen begrenzen und Ansprüche der Beschäftigten auf gute Arbeit erweitern. Sie durchzusetzen, erfordert neue Bündnisse: einen arbeitspolitischen Fokus der Klimabewegung und eine ökologische Interessenpolitik der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung und vor allem passende Rahmenbedingen und Politiken – von der Bildung über Industrie- und Regionalpolitik zur Finanzierung.
Mit Texten von Peter Bartelheimer, Charlotte Sophia Bez, Stephan von Cramon-Taubadel, Eva Gaßen, Eike Christian Gruppe, Tobias Haas, Michael Henke, Lars Hirsekorn, Katrin Hirte, Dominic Jung, A. Katharina Keil, Matthias Knuth, Anneke Martens, Roland Menges, Sarah Mewes, Katrin Mohr, Silke Ötsch, Mario Michael Ottaiano, Onno Poppinga, Tobi Rosswog, Hendrik Sander, Astrid Schaffert, Franziska Wiethold.
Tags: Alternativen, Arbeit, Gewerkschaften, Strategien
Posted in Akteure, Bewegungen, Gewerkschaften, Politik & Analyse, Publikationen, Szenarien, Transformation | No Comments »
14. Dezember 2024 | Bernd Hüttner
In einer Gesellschaft, in der soziale Ungleichheit und Armut den Alltag vieler Menschen prägen, wird es für viele schwieriger, aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Der Zugang zu demokratischer Mitbestimmung und wichtigen Ressourcen bleibt oft verwehrt, was eine gerechte Teilhabe und die Artikulation eigener Interessen erschwert – besonders für junge Menschen. Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe stehen vor der Aufgabe, Jugendliche in der Auseinandersetzung mit diesen Fragen zu unterstützen und andere Zukünfte zu eröffnen.
Diese Handreichung bietet praxisnahe Ansätze, um eine klassismuskritische Bildungsarbeit in der Sozialen Arbeit zu verankern. Im ersten Teil geben Expert*innen Einblicke in die Themen Klassismus und soziale Ungleichheit sowie deren historische und aktuelle Bedeutung in der Kinder- und Jugendhilfe. Der zweite Teil liefert didaktische Empfehlungen und methodische Grundlagen, die Fachkräften helfen, eigene Bildungsangebote zu entwickeln.
Die 108-seitige Broschüre von Spiegelbild (Wiesbaden) als PDF.
Tags: Klasse; Klassismus
Posted in Bewegungen, Politik & Analyse, Politische Bildung, Publikationen | No Comments »
4. November 2024 | Bernd Hüttner
Von Bernd Hüttner
Die Landwirtschaft geriet durch die sogenannten Bauernproteste Anfang 2024 wiedereinmal ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Ob sich die Situation der Landwirtinnen und Landwirte dadurch verbessert hat, sei dahingestellt. Bis 2040, wird es, so jedenfalls die Prognosen, in der Bundesrepublik nur noch circa 100.000 Betriebe geben, gleichzeitig wird in der Landwirtschaft heute pro Jahr 300 Stunden mehr gearbeitet, als im Durchschnitt aller Erwerbstätigen (1674 zu 1347 Stunden, S. 41).
In diesem Band kommen nun zehn Bäuerinnen und Bauern im Alter zwischen knapp 30 und 70 Lebensjahren zu Wort, zwei davon leben und wirtschaften in den neuen Bundesländern. Sie berichten von ihren Erfahrungen, Wünschen, Befürchtungen und Zweifeln, von Mut und Wut. Dies geschieht durch zwei Weisen. Zum einen werden alle zehn und ihre Betriebe auf je einer Doppelseite kurz vorgestellt. Zum anderen werden zu zwölf Themenbereichen, von Einkommen und Ausgaben über Biodiversität, Klischees und Öffentlichkeitsarbeit bis zu Politik und Freizeit sehr kurze Zitate aller Bauern und Bäuerinnen unter der jeweiligen Überschrift zusammengestellt, die so dann insgesamt ein gewisses Panorama entstehen lassen. Die BäuerInnen berichten, worin für sie der Reiz und der Sinn ihrer Arbeit liegt, und wie sie mit der wachsenden Zahl unterschiedlicher Anforderungen und Aufgaben umgehen. Gleichzeitig sprechen sie über Probleme und Veränderungen, die sie in der Außenwelt wahrnehmen, und über ihren eigenen Stellenwert. Das Buch versteht sich ausdrücklich nicht als Beitrag zur aktuellen politischen Debatte (S. 9), sondern will Einblicke in die Lebenswirklichkeit von Landwirtinnen und Landwirten aus Familienbetrieben bieten. Continue Reading »
Tags: Agrarproteste, Agrarwirtschaft, Arbeit, Bauern, Ideologie, Kapitalismus, Neoliberalismus, Subjekte
Posted in Akteure, Politik & Analyse, Rezensionen | No Comments »
23. Oktober 2024 | Bernd Hüttner
Tine Haubner bemängelt in ihrer ausführlichen Rezension auf www.soziopolis.de, dass “für die Verbindung von Arbeit und Ungleichheit zentrale(n) Themenfelder ausgespart bleiben” und meint damit vor allem, das gerade im Hinblick auf globale Verhältnisse wichtige Feld von Migration und Arbeit. Insgesamt ist sie aber sehr zufrieden und schreibt: “
Das Einführungsbuch verhandelt – und das ist lange überfällig – die zentrale Bedeutung der Geschlechtertheorie für die Arbeitssoziologie. Seine Lektüre empfiehlt sich insbesondere Studienanfänger:innen der Soziologie mit Schwerpunkt auf arbeitssoziologischen Inhalten sowie interessierten, auch nicht-akademischen Leser:innen außerhalb des Faches, die einen geschlechterkritisch informierten Überblick über zentrale Begriffe und Verständnisse von Arbeit in der primär deutschsprachigen Arbeitssoziologie erhalten möchten”. Die beiden Autor:innen eine “eine kritische wie feministisch informierte arbeits- und ungleichheitssoziologische Perspektive, die mit der Benennung geschlechterrelevanter Ausblendungen und der Vorstellung zentraler theoretischer Begriffe, Konzepte und Ansätze der Arbeitssoziologie als roter Faden durch das Buch” führe.
Die Rezension ist hier online.
Alexandra Manske und Wolfgang Menz: Theorien der Arbeit zur Einführung, Junius Verlag, Hamburg 2024, 304 S., 17,90 EUR
Posted in Politik & Analyse | No Comments »
15. August 2024 | Bernd Hüttner
Vom 21.-23. März 2025 findet die nächste Tagung des Forums kritische politische Bildung in der Evangelischen Akademie in Hofgeismar (bei Kassel) statt.
Das Thema ist: “Kritische politische Bildung im Ringen um Zukunft”. Dafür werden noch Beiträge gesucht. Alle Informationen, was es diesbezüglich zu beachten gibt, finden sich im Call for Participation (hier als PDF).
Posted in Politik & Analyse, Politische Bildung | No Comments »
30. Juni 2024 | Bernd Hüttner
Am 16. Dezember 2023 starb in Paris im Alter von 90 Jahren der Philosoph, Theoretiker und Aktivist Antonio Negri. In der schon seit 1977 erscheinenden Reihe «Zur Einführung» hat der in Lüneburg lehrende Philosoph Nigro einen Band zu einem der bedeutendsten Autoren des Operaismus und Postoperaismus vorgelegt. Dieser ist die erweiterte Ausgabe eines ursprünglich auf französisch erschienenen Buches, und die erste deutschsprachige Einführung in Negris Werk in Buchform. Nigro stellt das eigentliche Leben Negris nur kurz und punktuell dar. Er interessiert sich mehr für dessen thematisch-inhaltliche Entwicklung, die einordnende Zeittafel zum Leben Negris am Ende des Bandes hilft da etwas.
Mit «Empire. Die neue Weltordnung» (2000, dt. 2002), das er gemeinsam mit Michael Hardt verfasste, erlangte Antonio Negri internationale Bekanntheit und Anerkennung. Negri, der bereits 1966 eine Professur für Staatstheorie bekommen hatte, publizierte auch vorher regelmäßig, viele seiner Texte und Bücher wurden auch ins Deutsche übersetzt, am Ende des Buches findet sich eine Auswahl seiner Veröffentlichungen. Negri dürfte eine/r der wichtigsten Autor_innen des Operaismus und Postoperaismus gewesen sein. Fokussierte «Empire» damals auf die Entwicklung des globalen Kapitalismus und der internationalen politischen Ökonomie, widmeten sich viele seiner vorherigen Schriften der Situation in den Betrieben, der Bedeutung von «1968» und Ökonomie und Politik in Italien und Europa.
Seine Schriften brechen, wie die aller OperaistInnen, mit der traditionell-linken Tradition, die die Arbeiterklasse als passiv und die Herrschaft der kapitalistischen Logik als total, wenn nicht gar totalitär ansieht. Der Operaismus setzt beim Widerstand und den Kämpfen an, er schreibt dem stetigen Klassenkampf und dem vielzitierten Kampf gegen die Arbeit sogar die Funktion eines Motors der kapitalistischen Entwicklung und Innovation zu. Theoretische Bezüge sind die Frühschriften von Marx. Continue Reading »
Tags: Empire, Multitude, Operaismus, Postoperaismus
Posted in Akteure, Bewegungen, Gesellschaftsanalyse, Gewerkschaften, Internationale Beziehungen, Kapitalismus, Kommunismus, Krise, Neoliberalismus, Politik & Analyse, Rezensionen | No Comments »
26. Juni 2024 | Bernd Hüttner
Eine Rezension von David Salomon
Sascha Regier legt mit seinem auf ein Dissertationsprojekt zurückgehenden Band einen ausgearbeiteten kritischen Ansatz für die politische Bildung vor, den er programmatisch als «staatstheoretisch fundierte soziopolitische Bildung» bezeichnet. Sein Projekt besteht in einer Gesamtdarstellung des Forschungs- und Diskussionsstands kritischer Gesellschaftstheorie mit staatstheoretischem Fokus. Diese Anlage macht das Buch auch für ein Publikum interessant, das mit politischer Bildungspraxis wenig oder nichts zu tun hat: Der Band lässt sich auch als Einführung in die kritische Staatstheorie und Gesellschafstheorie lesen.
Die hegemoniale Position in Politikwissenschaft und politischer Fachdidaktik, gegen die sich Regier richtet, rekonstruiert er als eine letztlich entpolitisierende Wissenschaft ohne tragendes Konzept von gesellschaftlicher Totalität. Unter systemtheoretischem Einfluss stehend werde «primär vom politischen System und nicht vom Staat gesprochen» (S. 38). Im Horizont eines – als normative Position weitgehend unreflektiert gelassenen – Liberalismus reproduziere man die These naturwüchsiger Trennungen von öffentlich und privat, Gesellschaft und politischer Sphäre und verliere so nicht nur die konstitutive Interdependenz und Verschränkung von politisch-rechtlicher Steuerung und kapitalistischer Ökonomie aus dem Blick, sondern trage zudem dazu bei, die Herrschaftsverhältnisse der antagonistischen Klassengesellschaft unsichtbar zu machen. Indem der Demokratie unterstellt werde, ein neutrales Medium der Herstellung von »Allgemeinwohl» zu sein, werde zudem der Demokratiebegriff selbst auf ein liberales Minimalmodell reduziert. Dies gelte insbesondere für die Fachdidaktik: «Ansätze radikaler Demokratietheorien oder Sozialer Demokratie […] werden in der hegemonialen Politischen Bildung regelmäßig ausgespart. » (S. 74) Demgegenüber stellt Regier unter Rekurs auf die marxistische Historikerin und Demokratietheoretikerin Ellen Meiksins Wood heraus: «Der innere Widerspruch der bürgerlichen Gesellschaft besteht […] zwischen politischer Gleichheit und sozialer Ungleichheit ihrer Gesellschaftsmitglieder.» (S. 104) Die liberale Selbstbeschränkung des Denkhorizonts verurteile hegemoniale Politikwissenschaft und politische Bildung letztlich zur Affirmation. Continue Reading »
Posted in Bewegungen, Politik & Analyse, Politische Bildung, Rezensionen | No Comments »
11. Juni 2024 | Bernd Hüttner
Wie überall auf der Welt wurden Streiks auch in Lateinamerika spätestens im 20. Jahrhundert zum zentralen Instrument der Arbeiter*innen. Und auch dort waren und sind streikende Kolleg*innen immer wieder von Repression betroffen. Am schlimmsten sicherlich unter den zivil-militärischen Diktaturen, die in den 1970er- und 1980er-Jahren in den meisten Ländern Süd- und Mittelamerikas regierten. Doch die Verfolgung, Inhaftierung und Ermordung kämpferischer Kolleg*innen war keineswegs ein Alleinstellungsmerkmal der Militärs. Auch unter sogenannten „demokratischen“ Regierungen waren und sind sie an der Tagesordnung. So war das zivil regierte Kolumbien noch in jüngster Zeit weltweit das gefährlichste Land für organisierte Arbeiter*innen und andere soziale Gruppen, die für ihre Rechte eintreten.
Aber die Geschichte der Streiks in Lateinamerika ist nicht nur eine von Verfolgung und Gewalt. Viele Arbeitskämpfe waren erfolgreich. Aktive Kolleg*innen und Gewerkschaften konnten damit bessere Löhne, Gesundheitsschutz und Arbeitszeitverkürzungen durchsetzen. Große Streiks konnten Diktaturen ins Wanken bringen, wie etwa die der Metallarbeiter im Großraum São Paulo 1978 bis 1980, oder leiteten einen politischen Wandel ein, wie in den letzten Jahren in Chile und Kolumbien. Continue Reading »
Tags: Gewerkschaften, Lateinamerika, Streik
Posted in Akteure, Bewegungen, Gewaltapparate, Gewerkschaften, Internationale Beziehungen, Kapitalismus, Politik & Analyse | No Comments »
Older Posts »