5. Januar 2025 | Bernd Hüttner
Die Zeitschrift «PERIPHERIE» erscheint 2024 bereits im 44. Jahr. Die erste Ausgabe dieses Jahrgangs (Nr. 173) widmet sich dem Thema Internationalismus und somit einem Thema, das die letztendlich schon immer akademische Zeitschrift seit ihrer Gründung in verschiedenerlei Hinsicht bearbeitet hat, etwa als Kritik an Globalisierung, Entwicklungspolitik oder -theorie. Eine Übersicht über die bisher erschienenen Ausgaben, die allesamt Themenhefte sind, findet sich auf www.zeitschrift-peripherie.de. Die Inhalte der Hefte werden nach zwei Jahren frei zur Verfügung gestellt.
Die Ausgabe 173 zeichnet in zwei sehr guten Artikeln die Geschichte des sogenannten «neuen Internationalismus» nach, der in den 1990er-Jahren entstand. Dass es im sozialrevolutionären Spektrum der Zeitschriften AUTONOMIE. Neue Folge und Materialien für einen neuen Antiimperialismus bereits ab 1985, im Vorfeld der Proteste gegen die Tagung des IWF in Westberlin 1987, eine Debatte dazu gegeben hatte, kommt in dem Heft allerdings nicht vor. Die Texte fragen nach Akteur*innen und Themen eines «neuen Internationalismus» und konturieren seine Inhalte. Sie stellen fest, dass eine Unterteilung in «Süden» und «Norden» nicht mehr richtig sei, es Imperialismus und Geopolitik auch jenseits der NATO gebe, etwa in den BRICS-Staaten, und sich deswegen die Kritik auch an diese Länder richten müsse (von Russland ganz zu schweigen). Zudem habe der Kapitalismus, dies zeigten die Migrationsströme überdeutlich, eben doch für viele Menschen Verbesserungen gebracht und sei deshalb attraktiv . Nicht zuletzt seien viele unter dem Banner des «Antiimperialismus» angetretene Regime autoritär geworden und könnten damals wie heute keinerlei Bezugspunkt für eine undogmatische, internationalistische Linke sein. Continue Reading »
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30. Dezember 2024 | Bernd Hüttner
Dass an dieser Stelle die Besprechung einer Zeitschrift steht, ist eher ungewöhnlich – und erst recht einer seit mehr als zehn Jahren existierenden. Doch die Wiederaufnahme von «Lunapark21» ist durchaus etwas Besonderes – wegen des Themas und wegen der beteiligten Personen: Als die Zeitschrift 2008 gegründet wurde, fand der Höhenflug der kapitalistischen Wirtschaft mit der Finanzkrise gerade sein Ende. Es sei «womöglich kein schlechter Zeitpunkt für ein neues Magazin zur Kritik der globalen Ökonomie gewesen», notiert die neue Redaktion im Rückblick. Und nun, drei Tage nach der Trump-Wahl in den Vereinigten Staaten und dem Ampel-Aus in Deutschland sei es «vielleicht kein schlechter Zeitpunkt für die Wiederaufnahme», orakelte die Redaktion weiter.
Was war geschehen? – Unter ihrem Gründer und «Spiritus Rector» Winfried Wolf erschienen im Verlauf der Jahre 61 Ausgaben von Lunapark21. Im Mai 2023 erlag Wolf einem Krebsleiden und die 62. Ausgabe erschien mit früheren Beiträgen und einer Würdigung seines Schaffens. Neben der aktiven Beteiligung an der «Zeitung gegen den Krieg» war der ehemalige Bundestagsabgeordnete und linke Journalist unter anderem auch als profunder Verkehrswende-Aktivist und aktiver Unterstützer der langjährigen Widerstandsbewegung gegen Stuttgart21 bekannt. Continue Reading »
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29. Dezember 2024 | Bernd Hüttner
Der Arbeitsschwerpunkt Digitalisierung (AS Digi) des BUKO (Bundeskoordination Internationalismus) hat sich seit seiner Gründung 2021 vor allem mit dem Konzept «Smart City» beschäftigt. Aus den intensiven Diskussionen ist die Broschüre «Ein kritischer Blick auf das Konzept Smart City» entstanden, die nun online ist. Die Inhalte der Broschüre wurden auch schon auf mehreren Veranstaltungen diskutiert. Die Broschüre findet sich online und als PDF hier: smartcity.noblogs.org/.
Noch gibt es auch gedruckte Exemplare, die per Mail erfragt werden können. Der AS Digi freut sich über Fragen, Kritik, Anregungen zur Broschüre, über Anfragen zu Veranstaltungen und natürlich auch zum Arbeitsschwerpunkt selbst. Kontakt unter: asdigitalisierung(at)buko.info.
Tags: Stadt, Stadtentwicklung
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21. Dezember 2024 | Bernd Hüttner
Die neue Ausgabe des Jahrbuch „Ökonomie und Gesellschaft” hat das Thema „Konversion – Wirtschaftsdemokratie für den sozialökologischen Umbau”. Sie wird von Peter Bartelheimer und
Silke Oetsch im Metropolis-Verlag herausgegeben. Der 484 Seiten starke Titel ist auch
Open Access:
www.metropolis-verlag.de/dl/OpenAccess/1586.pdf
Im Band finden sich aktuelle Kontroversen zur Transformation der Automobilindustrie. Weitere Beiträge zeichnen Transformationsaufgaben im Sozialbereich und im Stoffstrommanagement nach. Sie diskutieren Möglichkeiten politischer Gestaltung im regionalen Strukturwandel, in der Arbeitsmarktpolitik und im Finanzsystem. Sie beziehen Position zu wirtschaftsdemokratischen Perspektiven in der sozialökologischen Transformation. Konversionsstrategien setzen auf gestaltenden Einfluss von Arbeiter:innen, um Transformationsblockaden auf der Seite der Produktion aufzubrechen. Produkt- und Produktionsalternativen sollen zugleich Naturverbrauch und Emissionen begrenzen und Ansprüche der Beschäftigten auf gute Arbeit erweitern. Sie durchzusetzen, erfordert neue Bündnisse: einen arbeitspolitischen Fokus der Klimabewegung und eine ökologische Interessenpolitik der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung und vor allem passende Rahmenbedingen und Politiken – von der Bildung über Industrie- und Regionalpolitik zur Finanzierung.
Mit Texten von Peter Bartelheimer, Charlotte Sophia Bez, Stephan von Cramon-Taubadel, Eva Gaßen, Eike Christian Gruppe, Tobias Haas, Michael Henke, Lars Hirsekorn, Katrin Hirte, Dominic Jung, A. Katharina Keil, Matthias Knuth, Anneke Martens, Roland Menges, Sarah Mewes, Katrin Mohr, Silke Ötsch, Mario Michael Ottaiano, Onno Poppinga, Tobi Rosswog, Hendrik Sander, Astrid Schaffert, Franziska Wiethold.
Tags: Alternativen, Arbeit, Gewerkschaften, Strategien
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14. Dezember 2024 | Bernd Hüttner
In einer Gesellschaft, in der soziale Ungleichheit und Armut den Alltag vieler Menschen prägen, wird es für viele schwieriger, aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Der Zugang zu demokratischer Mitbestimmung und wichtigen Ressourcen bleibt oft verwehrt, was eine gerechte Teilhabe und die Artikulation eigener Interessen erschwert – besonders für junge Menschen. Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe stehen vor der Aufgabe, Jugendliche in der Auseinandersetzung mit diesen Fragen zu unterstützen und andere Zukünfte zu eröffnen.
Diese Handreichung bietet praxisnahe Ansätze, um eine klassismuskritische Bildungsarbeit in der Sozialen Arbeit zu verankern. Im ersten Teil geben Expert*innen Einblicke in die Themen Klassismus und soziale Ungleichheit sowie deren historische und aktuelle Bedeutung in der Kinder- und Jugendhilfe. Der zweite Teil liefert didaktische Empfehlungen und methodische Grundlagen, die Fachkräften helfen, eigene Bildungsangebote zu entwickeln.
Die 108-seitige Broschüre von Spiegelbild (Wiesbaden) als PDF.
Tags: Klasse; Klassismus
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4. November 2024 | Bernd Hüttner
Von Bernd Hüttner
Die Landwirtschaft geriet durch die sogenannten Bauernproteste Anfang 2024 wiedereinmal ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Ob sich die Situation der Landwirtinnen und Landwirte dadurch verbessert hat, sei dahingestellt. Bis 2040, wird es, so jedenfalls die Prognosen, in der Bundesrepublik nur noch circa 100.000 Betriebe geben, gleichzeitig wird in der Landwirtschaft heute pro Jahr 300 Stunden mehr gearbeitet, als im Durchschnitt aller Erwerbstätigen (1674 zu 1347 Stunden, S. 41).
In diesem Band kommen nun zehn Bäuerinnen und Bauern im Alter zwischen knapp 30 und 70 Lebensjahren zu Wort, zwei davon leben und wirtschaften in den neuen Bundesländern. Sie berichten von ihren Erfahrungen, Wünschen, Befürchtungen und Zweifeln, von Mut und Wut. Dies geschieht durch zwei Weisen. Zum einen werden alle zehn und ihre Betriebe auf je einer Doppelseite kurz vorgestellt. Zum anderen werden zu zwölf Themenbereichen, von Einkommen und Ausgaben über Biodiversität, Klischees und Öffentlichkeitsarbeit bis zu Politik und Freizeit sehr kurze Zitate aller Bauern und Bäuerinnen unter der jeweiligen Überschrift zusammengestellt, die so dann insgesamt ein gewisses Panorama entstehen lassen. Die BäuerInnen berichten, worin für sie der Reiz und der Sinn ihrer Arbeit liegt, und wie sie mit der wachsenden Zahl unterschiedlicher Anforderungen und Aufgaben umgehen. Gleichzeitig sprechen sie über Probleme und Veränderungen, die sie in der Außenwelt wahrnehmen, und über ihren eigenen Stellenwert. Das Buch versteht sich ausdrücklich nicht als Beitrag zur aktuellen politischen Debatte (S. 9), sondern will Einblicke in die Lebenswirklichkeit von Landwirtinnen und Landwirten aus Familienbetrieben bieten. Continue Reading »
Tags: Agrarproteste, Agrarwirtschaft, Arbeit, Bauern, Ideologie, Kapitalismus, Neoliberalismus, Subjekte
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23. Oktober 2024 | Bernd Hüttner
Tine Haubner bemängelt in ihrer ausführlichen Rezension auf www.soziopolis.de, dass “für die Verbindung von Arbeit und Ungleichheit zentrale(n) Themenfelder ausgespart bleiben” und meint damit vor allem, das gerade im Hinblick auf globale Verhältnisse wichtige Feld von Migration und Arbeit. Insgesamt ist sie aber sehr zufrieden und schreibt: “Das Einführungsbuch verhandelt – und das ist lange überfällig – die zentrale Bedeutung der Geschlechtertheorie für die Arbeitssoziologie. Seine Lektüre empfiehlt sich insbesondere Studienanfänger:innen der Soziologie mit Schwerpunkt auf arbeitssoziologischen Inhalten sowie interessierten, auch nicht-akademischen Leser:innen außerhalb des Faches, die einen geschlechterkritisch informierten Überblick über zentrale Begriffe und Verständnisse von Arbeit in der primär deutschsprachigen Arbeitssoziologie erhalten möchten”. Die beiden Autor:innen eine “eine kritische wie feministisch informierte arbeits- und ungleichheitssoziologische Perspektive, die mit der Benennung geschlechterrelevanter Ausblendungen und der Vorstellung zentraler theoretischer Begriffe, Konzepte und Ansätze der Arbeitssoziologie als roter Faden durch das Buch” führe.
Die Rezension ist hier online.
Alexandra Manske und Wolfgang Menz: Theorien der Arbeit zur Einführung, Junius Verlag, Hamburg 2024, 304 S., 17,90 EUR
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15. August 2024 | Bernd Hüttner
Vom 21.-23. März 2025 findet die nächste Tagung des Forums kritische politische Bildung in der Evangelischen Akademie in Hofgeismar (bei Kassel) statt.
Das Thema ist: “Kritische politische Bildung im Ringen um Zukunft”. Dafür werden noch Beiträge gesucht. Alle Informationen, was es diesbezüglich zu beachten gibt, finden sich im Call for Participation (hier als PDF).
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30. Juni 2024 | Bernd Hüttner
Am 16. Dezember 2023 starb in Paris im Alter von 90 Jahren der Philosoph, Theoretiker und Aktivist Antonio Negri. In der schon seit 1977 erscheinenden Reihe «Zur Einführung» hat der in Lüneburg lehrende Philosoph Nigro einen Band zu einem der bedeutendsten Autoren des Operaismus und Postoperaismus vorgelegt. Dieser ist die erweiterte Ausgabe eines ursprünglich auf französisch erschienenen Buches, und die erste deutschsprachige Einführung in Negris Werk in Buchform. Nigro stellt das eigentliche Leben Negris nur kurz und punktuell dar. Er interessiert sich mehr für dessen thematisch-inhaltliche Entwicklung, die einordnende Zeittafel zum Leben Negris am Ende des Bandes hilft da etwas.
Mit «Empire. Die neue Weltordnung» (2000, dt. 2002), das er gemeinsam mit Michael Hardt verfasste, erlangte Antonio Negri internationale Bekanntheit und Anerkennung. Negri, der bereits 1966 eine Professur für Staatstheorie bekommen hatte, publizierte auch vorher regelmäßig, viele seiner Texte und Bücher wurden auch ins Deutsche übersetzt, am Ende des Buches findet sich eine Auswahl seiner Veröffentlichungen. Negri dürfte eine/r der wichtigsten Autor_innen des Operaismus und Postoperaismus gewesen sein. Fokussierte «Empire» damals auf die Entwicklung des globalen Kapitalismus und der internationalen politischen Ökonomie, widmeten sich viele seiner vorherigen Schriften der Situation in den Betrieben, der Bedeutung von «1968» und Ökonomie und Politik in Italien und Europa.
Seine Schriften brechen, wie die aller OperaistInnen, mit der traditionell-linken Tradition, die die Arbeiterklasse als passiv und die Herrschaft der kapitalistischen Logik als total, wenn nicht gar totalitär ansieht. Der Operaismus setzt beim Widerstand und den Kämpfen an, er schreibt dem stetigen Klassenkampf und dem vielzitierten Kampf gegen die Arbeit sogar die Funktion eines Motors der kapitalistischen Entwicklung und Innovation zu. Theoretische Bezüge sind die Frühschriften von Marx. Continue Reading »
Tags: Empire, Multitude, Operaismus, Postoperaismus
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26. Juni 2024 | Bernd Hüttner
Eine Rezension von David Salomon
Sascha Regier legt mit seinem auf ein Dissertationsprojekt zurückgehenden Band einen ausgearbeiteten kritischen Ansatz für die politische Bildung vor, den er programmatisch als «staatstheoretisch fundierte soziopolitische Bildung» bezeichnet. Sein Projekt besteht in einer Gesamtdarstellung des Forschungs- und Diskussionsstands kritischer Gesellschaftstheorie mit staatstheoretischem Fokus. Diese Anlage macht das Buch auch für ein Publikum interessant, das mit politischer Bildungspraxis wenig oder nichts zu tun hat: Der Band lässt sich auch als Einführung in die kritische Staatstheorie und Gesellschafstheorie lesen.
Die hegemoniale Position in Politikwissenschaft und politischer Fachdidaktik, gegen die sich Regier richtet, rekonstruiert er als eine letztlich entpolitisierende Wissenschaft ohne tragendes Konzept von gesellschaftlicher Totalität. Unter systemtheoretischem Einfluss stehend werde «primär vom politischen System und nicht vom Staat gesprochen» (S. 38). Im Horizont eines – als normative Position weitgehend unreflektiert gelassenen – Liberalismus reproduziere man die These naturwüchsiger Trennungen von öffentlich und privat, Gesellschaft und politischer Sphäre und verliere so nicht nur die konstitutive Interdependenz und Verschränkung von politisch-rechtlicher Steuerung und kapitalistischer Ökonomie aus dem Blick, sondern trage zudem dazu bei, die Herrschaftsverhältnisse der antagonistischen Klassengesellschaft unsichtbar zu machen. Indem der Demokratie unterstellt werde, ein neutrales Medium der Herstellung von »Allgemeinwohl» zu sein, werde zudem der Demokratiebegriff selbst auf ein liberales Minimalmodell reduziert. Dies gelte insbesondere für die Fachdidaktik: «Ansätze radikaler Demokratietheorien oder Sozialer Demokratie […] werden in der hegemonialen Politischen Bildung regelmäßig ausgespart. » (S. 74) Demgegenüber stellt Regier unter Rekurs auf die marxistische Historikerin und Demokratietheoretikerin Ellen Meiksins Wood heraus: «Der innere Widerspruch der bürgerlichen Gesellschaft besteht […] zwischen politischer Gleichheit und sozialer Ungleichheit ihrer Gesellschaftsmitglieder.» (S. 104) Die liberale Selbstbeschränkung des Denkhorizonts verurteile hegemoniale Politikwissenschaft und politische Bildung letztlich zur Affirmation. Continue Reading »
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11. Juni 2024 | Bernd Hüttner
Wie überall auf der Welt wurden Streiks auch in Lateinamerika spätestens im 20. Jahrhundert zum zentralen Instrument der Arbeiter*innen. Und auch dort waren und sind streikende Kolleg*innen immer wieder von Repression betroffen. Am schlimmsten sicherlich unter den zivil-militärischen Diktaturen, die in den 1970er- und 1980er-Jahren in den meisten Ländern Süd- und Mittelamerikas regierten. Doch die Verfolgung, Inhaftierung und Ermordung kämpferischer Kolleg*innen war keineswegs ein Alleinstellungsmerkmal der Militärs. Auch unter sogenannten „demokratischen“ Regierungen waren und sind sie an der Tagesordnung. So war das zivil regierte Kolumbien noch in jüngster Zeit weltweit das gefährlichste Land für organisierte Arbeiter*innen und andere soziale Gruppen, die für ihre Rechte eintreten.
Aber die Geschichte der Streiks in Lateinamerika ist nicht nur eine von Verfolgung und Gewalt. Viele Arbeitskämpfe waren erfolgreich. Aktive Kolleg*innen und Gewerkschaften konnten damit bessere Löhne, Gesundheitsschutz und Arbeitszeitverkürzungen durchsetzen. Große Streiks konnten Diktaturen ins Wanken bringen, wie etwa die der Metallarbeiter im Großraum São Paulo 1978 bis 1980, oder leiteten einen politischen Wandel ein, wie in den letzten Jahren in Chile und Kolumbien. Continue Reading »
Tags: Gewerkschaften, Lateinamerika, Streik
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9. Juni 2024 | Bernd Hüttner
Die Vergesellschaftung von lebenswichtigen Bereichen und profitgesteuerten Großkonzernen ist für einen sozialökologischen Umbau ein entscheidender Hebel. In diesem soeben erschienenen Buch setzen sich 50 Autor*innen in 34 Beiträgen mit der Frage auseinander, ob und wie Vergesellschaftungsformen einen Beitrag zur Bearbeitung oder gar Lösung der sozialökologischen Frage unserer Zeit leisten können. Unter den Autor*innen sind neben vielen anderen Sabine Nuss, Friederike Habermann, Maximilian Becker und Simon Sütterli.
Die von Tino Pfaff herausgebene Publikation ist hier Open Access. Das Inhaltsverzeichnis des 512 seiten starken Bandes hier als PDF.
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1. Juni 2024 | Bernd Hüttner
Von Bernd Hüttner
Tourismus ist in vielen Regionen ein wichtiger Wirtschaftszweig, gleichzeitig zerstört er mit seiner Orientierung an Konsum und (stetigem) Wachstum oftmals das, was er anbietet bzw. vermarktet. An vielen Orten, egal ob in Lissabon (vgl. den Beitrag von Ana Gago) oder in der Wutach-Schlucht im Schwarzwald, es kommen einfach zu viele Besucher*innen. Die Branche ist bereits jetzt stark von der Klimakrise betroffen, die energieintensiven Schneekanonen in den Alpen sind dafür nur das augenfälligste Beispiel.
«Über Tourismus» ist ein kluges und sehr gut gestaltetes Buch über den existierenden Tourismus, seinen Umfang und etliche seiner schädlichen Ausprägungen. Es ist zugleich ein Buch über «Übertourismus» (Eintrag bei wikipedia), der unter anderem daraus resultiert, dass aufgrund der billigen Flugpreise Urlaube immer öfter angetreten werden, immer kürzer sind, mit Zielen, die immer weiter entfernt liegen. Die meisten Emissionen entstehen aber nicht durch den Aufenthalt, wie angenommen werden könnte, sondern durch die An- und Abreise. Das Urlaubsverhalten ist sozial sehr ungleich verteilt, so fliegen zum Beispiel in Österreich nur 18 Prozent der Bevölkerung «öfter oder viel», weltweit sind über drei Viertel aller Menschen noch nie geflogen.
Das Buch bietet in anschaulichen Grafiken und Schaubildern viele frappierende Zahlen; in acht Kapiteln werden unter anderem die komplexen Beziehungen des Tourismus zur Mobilität und zur Landwirtschaft näher dargestellt oder die einschneiden Folgen der Klimakrise beschrieben. Die desaströsen Folgen der plattformgestützten touristischen Kurzzeitvermietung in Städten (steigende Mieten, Verdrängung) werden ebenso kritisiert wie die gestiegenen Immobilienpreise in Ferienregionen, die dazu führen, dass Einheimische wegziehen (müssen) und viele, die im Tourismus arbeiten, nicht mehr an ihrem Arbeitsort wohnen können. Continue Reading »
Tags: Alpen, Fliegen, Österreich, Reisen, Urlaub
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31. Mai 2024 | Bernd Hüttner
Der Sammelband Politische Ökonomie der Zeitenwende. Perspektiven der Regulationstheorie ist soeben im Verlag Westfälisches Dampfboot erschienen ist. Der Band ist das Ergebnis einer intensiven Diskussion im Rahmen der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung (AkG) über die Aktualität und den Nutzen der Regulationstheorie in Zeiten von Krieg, Krise und Klimakatastrophe.
Die elf Beiträge gehen daher der Frage nach, ob die Regulationstheorie auf der Höhe der «Zeitenwende» ist und die mit der Polykrise verbundenen Entwicklungen analytisch fassen kann. Dazu analysieren die Beiträge die Entwicklungen in verschiedenen gesellschaftlichen Teilbereichen und überprüfen die analytische Schärfe der Regulationstheorie für die damit verbundenen Fragestellungen. Es schreiben u.a. Roland Atzmüller, Joachim Becker, Hans-Jürgen Bieling, Uli Brand, Alex Demirovic, Christoph Görg, Susanne Heeg, Stefanie Hürtgen, Philipp Köncke, Thomas Sablowski, Birgit Sauer, Stefan Schmalz und Markus Wissen.
Das Inhaltsverzeichnis als PDF.
Tags: Staatstheorie, Theorie
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23. Mai 2024 | Bernd Hüttner
Von Herbert Klemisch
Die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung spielt in der deutschen Nachkriegsgeschichte immer wieder eine Rolle. «Samstags gehört Vati mir» war die erste gewerkschaftliche Kampagne zur Einführung der 5-Tage-Woche in den 60iger Jahren. Anfang der 80iger Jahre ging es um die Einführung der 35-Stunden-Woche, die leider in vielen Betrieben und Branchen immer noch nicht umgesetzt ist. Dabei kann Arbeitszeitverkürzung eine Lösung für viele Probleme wie Fachkräftemangel, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und eine Klimawende ohne Angst vor Arbeitsplatzverlust sein.
Heute ist die Debatte um Arbeitszeitverkürzung wieder brisant, denn ihre Umsetzung kann unter günstigen Rahmenbedingungen ein Beitrag zu sozialer Gerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit, zur Reduzierung des Fachkräftemangel aber auch zu Klima- und Ressourcenschonung sein. Damit ist sie aktueller und notwendiger denn je. Unter welchen Voraussetzungen Arbeitszeitverkürzung gelingen kann, dazu gibt die vorliegende Publikation viele hilfreiche Anregungen.
Entstanden ist der Band aus dem Arbeitszusammenhang der attac Arbeitsgruppe «ArbeitFairTeilen»; er verbindet Beiträge ausgewiesener Expert*innen aus Gewerkschaft, Wissenschaft und sozialen Bewegungen.
Nach einem instruktiven Beitrag der Herausgeber*innen ist der Band in drei Themenblöcke unterteilt. Der erste Teil beschäftigt sich mit Modellversuchen, nämlich der Beschreibung des britischen Großversuchs zur Einführung der Vier-Tage-Woche und der Analyse der Debatte der IG Metall um das Konzept der Vier-Tage-Woche. Im zweiten Teil werden von den Autor*innen Berührungspunkte zu anderen gesellschaftlichen Themen in den Fokus genommen. So stellt Beate Zimpelmann etwa den Zusammenhang mit Geschlechter- und Klimapolitik unter dem Begriff der «Ganzen Arbeit» her. Philip Frey begründet die ökologische Grenzen der Arbeit und Steffen Liebig arbeitet unter dem Motto «Kürzer Arbeiten für die sozial-ökologische Transformation» die Konvergenzpunkte von Gewerkschafts- und Klimabewegung heraus. Continue Reading »
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