Paul Schäfer vertritt in einem von der Rosa Luxemburg Stiftung verbreiteten Artikel[1] die Auffassung, dass ein Teil der Linken sich sträube, alte Denkgewohnheiten aufzugeben. Nun wird in diesem Artikel nicht deutlich gesagt, worin das Alte des von Schäfer kritisierten Ansatzes liegt, aber auch nicht, was ein neues Denken bedeuten könnte.
Wenigstens regt diese Problemstellung, sei sie nun treffend oder nicht, zu der Frage an, was ein neues Denken bedeuten könnte. Die Richtung seiner Polemik legt nahe, dass Schäfer unter neuem Denken die weitere Aufrüstung der Ukraine und einen Krieg bis zur Niederlage Russlands versteht, was er aber so weder sagt noch ausschließt. Auch wenn er Verständnis dafür zeigt, dass angesichts der Gefahr einer nicht mehr einzuholenden Eskalation des Krieges nach neuen Anläufen für Friedensgespräche gerufen wird, bleibt er den Leser*innen eine klare Aussage schuldig. Die Charakterisierung der Ukraine als Opfer und Russlands als Täter hilft da auch nicht weiter. Man kann durchaus dieser Charakteristik folgen und trotzdem für einen Waffenstillstand und den Stopp von Waffenlieferungen plädieren. Und das tun auch viele. Bedeutet das Denken in den Kategorien Opfer oder Täter, Krieg oder Frieden, Sieg oder Niederlage etwas Neues? Da das nicht Gegenstand des besagten Artikels ist, soll auf die Position von Paul Schäfer und die umfangreiche Darlegung von Entwicklungen der letzten Jahrzehnte sowie deren Interpretationen nicht weiter eingegangen werden. Da sein Artikel durchaus programmatischen Anspruch zu haben scheint, wäre eine solche nähere Betrachtung aber sicherlich angebracht.
Die wichtige Frage bleibt, was neues Denken bedeuten könnte.