Rezension von Nadine Gerner
Mit «Lohn für Hausarbeit» gibt Friederike Beier die Übersetzung einer umfangreichen feministischen Forschungsarbeit von Louise Toupin heraus, welche nicht stimulierender für aktuelle feministische Debatten rund um Care Arbeit sein könnte. Die Chronik zeichnet nicht nur die Hochzeit der Kampagne um einen Lohn für Hausarbeit nach, sondern auch die internationale soziale Bewegung um eine damals wie heute radikale, feministische Forderung. Das Buch beleuchtet die Jahre 1972-1977 des Internationalen Feministischen Kollektivs (IFK), ein transnationales Netzwerk, das Bündnisse über Differenzen hinweg schmiedete. Mit der Allianzbildung der damaligen Frauenbewegung mit Schwarzen Frauen oder Lesben praktizierte und theoretisierte das IFK bereits das, was später dann unter Intersektionalität verstanden werden sollte.
Das erste Kapitel dient zur Einordnung in den historischen Kontext und die politischen Gegebenheiten der damaligen Zeit. Besonders herausragend ist der Überblick über die Vordenker*innen der Hausarbeitsdebatte (z.B. Christine Delphy oder Margaret Benston). Das zweite Kapitel stellt die scheinbar materielle reformistische Forderung nach einem Lohn in den Mittelpunkt und begründet deren durchaus revolutionäres Potential mit Hilfe marxistischer Theorie. Kapitel drei widmet sich explizit dem IFK, welches von Padua aus, über England bis in die USA und nach Québec in Kanada florierte und so zu einem transnationalen Netzwerk bzw. einer »Keimzelle einer Fraueninternationale« (S. 150) heranwuchs. Während Kapitel vier mehr auf die Kämpfe rund um unsichtbare Arbeit im privaten Raum eingeht (z.B. Kämpfe lesbischer Mütter), fokussiert Kapitel fünf die außerhäusliche, ebenfalls unsichtbare Arbeit von Frauen. Hier geht es auch um die Positionen und Allianzen der Kampagne mit Sexarbeiter*innen. Kapitel sechs nimmt spezifische Gruppen (Berlin, Québec, Genf) in den Blick und erweitert das Buch nochmals um polit-praktische und konkrete Einblicke in die organisatorische Arbeit der jeweiligen Gruppe, etwa deren Kampagnen, Publikationen, ortspezifische Herausforderungen und Kontexte.
Schließlich wird das Buch abgerundet mit zwei Interviews mit Silvia Federici und Mariarosa Dalla Costa. Neben Selma James handelt sich um zwei wichtige aktivistische, aber auch theoretische Stimmen des materialistischen Feminismus, deren Blick auf die heutigen Verhältnisse nicht fehlen darf. Feminist*innen, die sich 2023 für Care-Debatten interessieren und die Frage des Lebens und der Sorge wieder in den Mittelpunkt ihrer revolutionären politischen Arbeit stellen wollen, können mit der Lektüre die Ursprünge einer feministischen Denkrichtung aus der geschichtlichen Vergessenheit holen und durch diese theoretisch als auch praktisch inspiriert werden.
Louise Toupin: Lohn für Hausarbeit. Chronik eines internationalen Frauenkampfs (1972–1977); Unrast Verlag, Münster 2022, 424 Seiten, 24 Euro