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Von Bernd Hüttner

Der 1974 geborene Klaus Lederer ist einer der beliebtesten Politiker Berlins. 2005 wurde er erstmals zum Berliner Landesvorsitzenden der damaligen PDS gewählt, von Dezember 2016 bis April 2023 war er Berliner Senator für Kultur und Europa sowie Stellvertreter der Regierenden Bürgermeister:innen Michael Müller bzw. Franziska Giffey. In seinem neuen In der Nacht zum 25. April 1974 gewann der 1. FC Magdeburg im Europapokal gegen Sporting Lissabon und erreichte als erster Fußballklub der DDR ein europäisches Finale.
Doch weltgeschichtlich viel bedeutender war ein Ereignis, das sich in dieser Nacht in Lissabon vollzog.Buch ist aber nicht die Regierungszeit und seine Rolle als Senator der Hauptgegenstand. Vielmehr soll sein Buch «… weder ein Manifest noch eine Programmschrift (…) sein» (S. 9), ist dann aber doch auf eine populare Art genau das.

Lederer schreitet mit großen Schritten durch die Geschichte des Kapitalismus, des Neoliberalismus und der sozialistischen Bewegung, erklärt verständlich deren Prinzipien, diskutiert aber auch die zeitgebundenen Einschränkungen der Theorien von Marx oder das Ende der DDR. Er schreibt darüber, wie Wachstum zum Selbstzweck wurde und was das heute für die ökologischen Grenzen des Planeten bedeutet. Damit markiert er, im Unterschied zu etlichen anderen linken Strömungen zwei Punkte: Wohlstand ist auch, aber eben nicht nur, eine Frage der Produktion und Verteilung materieller Güter, und zum anderen erfordert die Klimakrise eine Umkehr bei der Produktion, ein unendliches Wachstum ist nicht möglich, auch kein »grünes». Nebenbei bekommt dann kurz und umso treffender die linke Partei in unaufgeregten Worten (vgl. etwa S. 109) noch ihre Kritik ab, ebenso die «umtriebige Medienunternehmerin Sahra Wagenknecht» (S. 115).

Lederer entwirft als Vision eine Trias von Gleichheit, Freiheit und Geschwisterlichkeit, wobei die Gleichheit das grundlegende Unterscheidungsprinzip von linken zu rechten Denktraditionen sei. Obwohl er grundsätzlich optimistisch ist, reflektiert er die Widersprüche zwischen diesen drei Ideen und Denkansätzen. Sein Ziel ist eben nicht der Klassenkampf, obwohl er es für höchst modern hält, über Klassen zu sprechen (S. 147). Er fragt vielmehr, wie angesichts sich ausdifferenzierender und damit in sich immer kleiner werdenden Milieus Menschen für eine «linke Politik der sozial-ökologischen Transformation» (S. 153) gewonnen werden können. Ob er sich den sozialistischen Humanismus eines Fromm, Kofler oder Bloch zum (neuen?) Leitbild erkoren hat, erschließt sich aus der Lektüre nicht eindeutig.

Lederer hat ein Buch verfasst, das verständlich und gleichzeitig nicht oberflächlich ist. Und wer mehr wissen will, kann sich über die 544 Fußnoten das beeindruckende Literaturverzeichnis erschließen, und dieses als Wegweiser nutzen. Es enthält von Klaus Dörre über Frigga Haug bis zu Thomas Piketty und Kohai Saito fast alles, was in den letzten Jahren starke Aufmerksamkeit erfahren hat. Lederers Buch ist eines, das auch verschenkt werden kann – und in vielen Spektren gelesen werden sollte, erst recht und am dringendsten von Mitgliedern der LINKEN.

Klaus Lederer: Mit LINKS die Welt retten. Für einen radikalen Humanismus; kanon Verlag, Berlin 2024, 223 Seiten, 22 Euro.

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