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Von Brigitte Kratzwald

Das Buch gibt einen Überblick über die Vielzahl zivilgesellschaftlicher Care-Initiativen im deutschsprachigen Raum, an einigen davon sind die Herausgeberinnen selbst beteiligt. Die vorgestellten Initiativen sind in verschiedenen Feldern aktiv, in der Forschung, in der Politik, als Aktivist*innen oder Praktiker*innen, was sich häufig auch überschneidet. Gemeinsam ist ihnen das Anliegen, die Bedeutung von Care-Tätigkeiten aufzuzeigen, dazu gehört etwa auch die Erfassung der dafür verwendeten Zeit. Über 60 Prozent aller geleisteten Arbeitsstunden entfallen auf – bezahlte und unbezahlte – Carearbeit. Diese Tätigkeiten seien unerlässlich für die menschliche Existenz, trotzdem kämen sie in den herkömmlichen Wirtschaftswissenschaften kaum vor und das gelte es zu ändern, worauf bereits der Titel des Buches hinweist. «Care-Arbeit für sich selbst, für andere und für die natürliche Mitwelt muss in die Mitte des Ganzen der Wirtschaft›

Der erste der drei Abschnitte des Buches handelt unter der Überschrift «Anfangen» von den Pionierinnen der Carebewegung. So feierte etwa das «Netzwerk Vorsorgendes Wirtschaften» im Vorjahr sein 30-jähriges Jubiläum. Auch Initiativen wie «Care Revolution», «Wirtschaft ist Care» oder das österreichische Netzwerk «fair sorgen! Wirtschaften fürs Leben» haben sich bereits etabliert.

Der zweite Teil richtet den Blick auf Praxisbeispiele und Erfolgsgeschichten. Da geht es etwa um die erfolgreiche Schweizer Initiative, Pflege in die Bundesverfassung zu bringen, die Streikbewegungen in deutschen Krankenhäusern oder die IG24, die Interessensgemeinschaft von 24-Stunden Pfleger*innen in Österreich. Eine Autorin aus dem Wohnprojekt Wien macht sich Gedanken darüber, welche Rolle Wohnprojekte für eine care-zentrierte Zukunft spielen können und Vertreter*innen des Poliklinik Syndikats stellen eine solidarische Alternative zum derzeitigen Gesundheitssystem vor.

Um neue Initiativen und Zukunftsentwürfe für gesellschaftliche Transformation hin zu einer care-zentrierten Gesellschaft geht es im dritten Teil. Dabei wird das Thema Care auch in Beziehung zu anderen aktuellen Themen wie der Klimakrise und der Friedens- und Konfliktforschung gesetzt, um die Verwobenheit der verschiedenen Krisen miteinander aufzuzeigen.

Neben dem Ziel, die Fülle und Vielfalt von Care-Initiativen sichtbar zu machen, soll das Buch auch zum gegenseitigen Kennenlernen beitragen, um die Netzwerke zu stärken und gemeinsames Handeln zu ermöglichen. Es handle sich, so heißt es in der Einleitung, um ein Buch «von der und für die Care-Bewegung». Für die Erreichung des gemeinsamen Ziels wäre es jedenfalls wünschenswert, dass der Leser*innenkreis weit darüber hinausgeht. Das Buch ist ein erster, geglückter Versuch, gemeinsam aufzutreten, und ein kräftiges Lebenszeichen der Care-Bewegung, mit dem sie sich als wichtige Akteurin für eine sozial-ökologische Transformation positioniert.

Uta Meier-Gräwe/Ina Paetorius/Feline Tecklenburg (Hg): Wirtschaft neu ausrichten. Care-Initiativen in Deutschland, Österreich und der Schweiz; Verlag Barbara Budrich 2023, 306 Seiten, 34,90 Euro

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