Feed on
Posts
Comments

Das Brüsseler Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung veranstaltete gemeinsam mit italienischen Partnern eine Diskussion zu Genossenschaften in Palermo, wo die Auseinandersetzung zwischen Mafiosi und zivilgesellschaftlichen Akteuren mit besonderer Intensität ausgetragen wird. Verschiedene Mafia-Gegner führen ihre Kämpfe nicht zuletzt mittels Genossenschaften, die ihnen als Räume gelten, ausgehend von denen eine “Anti-Mafia-Kultur” entwickelt werden kann. Insbesondere junge Menschen sollen genossenschaftliche Werte und Prinzipien als Alternative zum Leben mit der Mafia kennenlernen, erfahren und entwickeln während den Mafiosi Einfluss auf Denken und Verhaltensweisen abgerungen wird.

Die Veranstaltung war für die Gäste aus Belgien, Frankreich, Portugal und Deutschland sicher ebenso interessant wie für die Gastgerber/innen, die Anregungen erhalten und Kontakte mehren konnten. Allen  Beteiligten bot sie die Möglichkeit, erstmalig oder weitergehend die Frage zu diskutieren, wie Genossenschaften in Strategien integriert werden können, die darauf zielen, eigene Kultur auszuprägen, sich und andere Akteure im Ringen um Hegemonie ökonomisch zu stärken.
In diesem Kontext zwaren vor allem zwei Problemkreise interessant: zum einen Erfahrungen im Kampf mit der Mafia,  zum anderen Analysen und Überlegungen zu alternativen Geldsystemen und Finanzinstitutionen.

Schon der Veranstaltungsort war vielversprechend, denn dort arbeiten linke Jugendgruppen. Dass die Abgeordnete des Europäischen Parlaments  Rita Borsellino hier her kam, war für die Jugendlichen sicher nicht alltäglich. Das MEdP gehört seit fast 20 Jahren zu den Prominenten im Kampf gegen die Mafia und streitet für eine entsprechende Europäische Richtlinie. Ihrer Meinung nach könne man nicht vom “Kampf gegen Terrorismus” reden und die Mafia davon ausnehmen. Auch die EU sei Mafia-Spielfeld. Der Verkauf des konfiszierten Mafia-Eigentums würde nur die Kreisläufe der Mafia-Gelder – europaweit gewaschen – weiter anpeitschen. Die Alternative sei die unentgeltliche Vergabe konfiszierter Güter an soziale Projekte. Die Mafia habe Anteil an der Finanzkrise und spitze deren Ursachen weiter zu, denn Spekulation gehöre zu ihrem Lebenselixier.
Die Abgeordnete, die Anfang der neunziger Jahre mit der Initiative zu einer Anti-Mafia-Karawane Bekanntheit erlangte, konnte sich der lebhaften Zustimmung von Michele Curto von FLARE, Freedom, Legality and Rights in Europe, sicher sein, der die Europäisierung der Mafia-Gelder insbesondere an Hand des europäischen Energiesektors illustrierte. Er gehört zu jenen, die gemeinsam mit Rita Borsellino eine europäische Bürgerinitiative zum Embargo gegen den Verkauf des konfiszierten Mafia-Eigentums und seine Zuweisung an Sozialprojekte initiierten und dafür eine Million Unterschriften sammelten. Das trifft auch für Umberto Di Maggio von Responsabile Liberia Sicilia zu, der vehement gegen Filme opponiert, in denen Mafiosi als gewitzte Sieger gefeiert werden. Seine Genossenschaft produziert wie auch einige von Calogero Parisi Solarenergie, die lokale Wirtschhaftskreisläufe stärkt und damit ökonomische Gegenkraft zur Mafia-Reproduktion mobilisiert. Er wirkt für Sozialbetriebe für Jugendliche, wofür konfiszierte Mafia-Güter ökonomische Ausgangspunkte sein könnten und zugleich der Öffentlichkeit das deutliche politische Signal geben, dass man die Mafia wirklich bekämpfe. Dieses Herangehen unterstützt die junge Anna Bucca von Arci Sicilia, die insbesondere mit Hausprojekten den Kulturkampf gegen die Mafia führt und dafür auch das Europäische Sozialforum nutzt.
Luciano D’ Angelo, Präsident der Sozialgenossenschaft Ulisse und linker Kommunalpolitiker, erklärte, warum er die Schaffung guter Jobs, insbesondere für Jugendliche als effektivste Anti-Mafia Politik versteht. Mit dieser verbindet er die Entwicklung einer rechtstaatlichen europäischen Vision, wofür die Linken mehr tun könnten und müssten. Auch für eine derartige Diskussion sei die europäische Bürgerinitiative gegen die Mafia wichtig.  Dafür sei die Verbindung mit der alternativwirtschaftlichen Bewegung sinnvoll und dafür wiederum die Entwicklung alternativer Geldsysteme. Dafür engagiert sich Sara D’ Aulerio von febea, der European Federation of Ethical and Alternative Banks and Financiers.  Sie erklärte die Arbeitsweise der Förderation und stellte deren Partner SEFEA vor, die European Alternative and Ethical Financial Society, die u. a. Alternativprojekte in den jugoslawischen Nachfolgestaaten fördert. Diese Projekte wie auch von der  ethischen Bank Palermos finanzierte sind ebenfalls häufig mit der lokalen und regionalen Produktion und Nutzung von Solarenergie verknüpft. Unter den aus Palermo unterstützten Projekten sind nicht wenige, die in palästinensischen Gebieten agieren.
Die Solarenergie-Produzenten brauchen besondere Technologien. Dafür arbeitet auch Marco Cavarella von Libera terra Mediatterano, der für die Partnerschaft zwischen Alternativ- und Gewerkschaftsbewegung wirbt. Er freut sich über das Interesse vieler Jugendlicher an Sommercamps, in denen gearbeitet, gefeiert, gelacht und ein Leben jenseits der Mafia praktiziert wird.

Die Gäste aus dem Ausland sind nun u. a. gefordert, über eine “Revanche” nachzudenken. Der im Alltag von Palermo erlebbare Rassismus sollte dazu zusätzlich stimulieren.

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.

Facebook IconTwitter IconView Our Identi.ca Timeline