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“Entschädigungsforderungen treiben Tepco in die Arme des Staates” titelt das Handelsblatt. Jetzt darf also nochmal kurz spekuliert werden und dann werden die Kosten der Katastrophe vergesellschaftet. Diese Umverteilungspolitik im Nachlauf des GAUs zu kritisieren, wäre ein Anknüpfungspunkt, um das Thema “Fukushima” von links zu besetzen und in Verbindung zu bringen z.B. mit Sozialabbau und den zur Begründung angeführten “Sachzwängen”. Ein weiterer wäre es, die Empörung der Menschen hierzulande, die in den Massendemos zum Ausdruck kommt, ernst zu nehmen – und zwar nicht nur auf der Konsumtionsebene (“Sind denn die Nahrungsmittel noch sicher?”) sondern auch auf der Produktionsebene: Mitte April kommen die ersten Container aus Japan an, die nach Beginn der Katastrophe abgefahren sind. Was bedeutet das für die Arbeitsplätze in Industriebetrieben hierzulande, die auf weltweite Zulieferer – auch aus Japan – angewiesen sind?

Die EU hat gestern Grenzwerte für Importe aus Japan beschlossen. Laut tagesschau vom 30.3. akzeptieren die EU-Grenzwerte doppelt so viel Strahlung wie die Grenzwerte in Japan selbst. D.h. die EU setzt mit ihrer Grenzwertpolitik sogar Anreize zum Handel verstrahlter Güter nach Europa, denn was in Japan bereits als verstrahlt gilt, kann u.U. in der EU noch unterhalb der Grenzwerte liegen, eingeführt und gewinnbringend gehandelt werden. Müssen nicht nur Konsumenten sondern auch Arbeitende an ihren Arbeitsplätzen jetzt damit rechnen, grenzwertkonform verstrahlt zu werden? Betroffene könnte es nicht nur in Auto- oder Computerbetrieben geben. Betroffen wären auch Lageristen, die in Kontakt kommen mit Importwaren nicht nur aus Japan, sondern auch von dort wo japanische Komponenten weiterverarbeitet werden, oder z.B. Bürokräfte, für die neue Rechner angeschafft werden mit verstrahlten Bauteilen in ihrem Inneren.

Die energiepolitische Debatte zu führen, reicht nicht als Konsequenz aus Fukushima. Ebenso wichtig ist die Debatte um atomare Gefährdung und Strahlenschutz am Arbeitsplatz: Angesichts der weltumspannenden Dimension der Zuliefer- und Verwertungsketten muss auch eine Debatte über Arbeits- und Produktionsbedingungen nach dem GAU folgen. Abhängig Beschäftigten helfen die grünen Appelle an die individuelle Konsumentensouveränität (“Beim Einkauf auf die Herkunft der Waren achten!”) nicht weiter. Den Strahlenschutz in der Produktion müssen die Linke und Gewerkschaften organisieren und durchsetzen.

One Response to “Linke Perspektive auf den GAU”

  1. […] “Entschädigungsforderungen treiben Tepco in die Arme des Staates” titelte das Handelsblatt gestern, kein Aprilscherz. Jetzt darf also nochmal kurz spekuliert werden und dann werden die Kosten der Katastrophe vergesellschaftet. Diese Umverteilungspolitik im Nachlauf des GAUs zu kritisieren, wäre ein Anknüpfungspunkt, um das Thema “Fukushima” von links zu besetzen. Mehr lesen […]

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