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… jubelte EU-Kommissionschef Barroso  zum Abschluss des EU-Gipfels vom 16/17.12. und schob gleich nun Anstehendes nach: Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen, um die „Wachstumsaussichten zu verbessern”. Strukturreformen sollen eine bessere Marktregulierung “der Wirtschaft” und des gesellschaftlichen Lebens erwirken. Das bekommt den Bevölkerungsmehrheiten insgesamt nicht gut. Und die anhaltende Orientierung auf “Wachstum” ist die destruktivste Art auf den UN-Klimagipfel zu reagieren. Der wird auch erst im letzten Punkt der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates genannt und gefeiert.

Vor dem “guten Tag für Europa” stockte die EZB ihr Grundkapital erstmalig in ihrer Geschichte auf, vom 5,8 auf über 10 Mrd. Euro. Sie hat bisher für über 72 Mrd. Euro Staatsanleihen von in finanzielle Bedrängnis geratenen Ländern aufgekauft, um Refinanzierungsnöte zu lindern. Das ist nachvollziehbar und ebenso, dass Deutschland eine Mrd. Euro zur Aufstockung leisten soll. Das reicht für Streit mit deutschen Bank-VIPs und die EZB-Kritiker verweisen darauf, dass Griechenland mit 65,4 Mrd. US-Dollar in der Kreide bei deutschen Banken steht, Portugal mit 44,3, Irland mit 186,4 und Spanien mit 216,6 Mrd. Dollar (BIZ-Bericht).

Studiert man die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates genauer, kann man schon verstehen, dass Polens Regierungschef vor einer wachsenden Spaltung in der EU warnt: in Länder innerhalb und außerhalb der Wirtschafts- und Währungsunion. “Wir beobachten in der EU neuerdings, dass das gemeinschaftliche Denken schwächer wird”, sagte Tusk der “Welt”. Erst im vierten von insgesamt zwölf Punkten der Schlussfolgerungen werden Mitgliedsländer außerhalb der Wirtschafts- und Währungsunion erstmalig erwähnt und das auch nur im Kontext mit dem Euro. Ein Drittel der Schlussfolgerungen betreffen die Eurozone und insgesamt acht die Wirtschaftspolitik, anderthalb die Außenpolitik und einen den Bewerberstatus von Montenegro.

Das Thema Armut kommt beim das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung abschließenden Gipfel nicht vor. Das ist bezeichnend – trotz noch während der Tagung vorgelegter Kommissionsmitteilung zur “Europäischen Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung”. Die scheint zwar gut gemeint, aber die Strategie “EU2020” gibt die politischen Prioritäten vor. Da gibt es keine verbindlichen Vorgaben zur Armutsbekämpfung, die der Plattform reale Bedeutung und Kompetenzen geben könnten.

Doch zurück zu Euro und Wirtschaftspolitik und zu zwei bezeichnenden Aussagen der Euroländer-Regierungs- und Staatschefs, die “fiskalische Disziplin” gelobten und insbesondere forderten: die “Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und Umsetzung eines neuen Rahmens für die makroökonomische Überwachung ab Sommer 2011” und die “Gewährleistung der Verfügbarkeit ausreichender finanzieller Unterstützung durch die EFSF bis zum Inkrafttreten des ständigen Mechanismus”.

Die vereinfachte Ergänzung des Artikels 136 im Lissabonner Vertrag wurde – wie erwartet – auch beschlossen. Frau Merkel hat nochmals verschärfend Zunge angelegt, so dass die aufgenommenen Sätze lauten: “Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Eurowährungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährleistung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.”

Friede, Freude, Eurobonds-Streit verschoben, “echte Stabilitätskultur” von Merkel angemahnt, weitere angestrengte Arbeit an Gesetzesverschlägen zur wirtschaftspolitischen Steuerung versprochen …

Dazu noch etwas mehr, denn das Ziel verschiedener VIPs ist es, die Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Eurozone so zu koordinieren, dass nicht nur die Staatsdefizite und der Schuldenstand überwacht werden, sondern auch die Verschuldung von Privathaushalten, Unternehmen und Leistungsbilanzen. Dass die Euroländer dann weitere Kompetenzen abtreten müssten, die Eurozone eine starke zentrale Institution und einen eigenen Haushalt brauchen würde, ist nur folgerichtig. Aber das wird von Gewichtigen, die das wissen, verschwiegen und teilweise auch nicht gewollt.

Und drei Anmerkungen: 1. Zumindest einige riskieren offenbar, die EU wirklich zu spalten. 2. die Euro-zentrierte “Wirtschaftspolitik” bzw. “wirtschaftspolitische Koordinierung” ist primär an monetären Größen orientiert; sie wird soziale und ökologische Zerstörung fortsetzen – die Minderung der klimschädigenden Emissionen ist nicht einmal Bestandteil. 3. Der Europäische Rat hat den Bericht zur Rentenreform “im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts” begrüßt und “fordert, dass der Bericht seinen Niederschlag in den Spezifikationen zur Umsetzung des überarbeiteten Stabilitäts- und Wachstumspakts findet”.

Die sozialen Sicherungssysteme würden also im Zuge der wirtschafts- und finanzpolitischen Koordinierung zu Gunsten “nachhaltiger öffentlicher Finanzen” weiter privatisiert.

Ergo: Linke Politik muss sich endlich wirklich der Haushalts- und Finanzpolitik im Kontext mit demokratisch zu erarbeitenden und zu setzenden sozialen und ökologischen Standards zuwenden.

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