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Diese vier Begriffe waren die Keywords der ersten fünf Tage auf dem Climateforum09 in Kopenhagen. Die Akteure aus dem globalen Süden nannten das Forum „People’s Summit on Climate Change“, was dem Charakter der Veranstaltungen und Debatten zumindest bis zur großen internationalen Demonstration am 12.12.2009 gerecht wird. Sie kamen mit einem programmatischen „Protokoll“, einander ergänzenden bzw. zusammengehörenden Positionspapieren und Kampagneprojekten. Zwei Jahre lang wurden die Texte und Aktionsvorhaben in sozialen Bewegungen und verschiedenen Gewerkschaften diskutiert, was kollektive Lernprozesse und Vernetzung beförderte. So korrespondiert das bemerkenswerte „Peoples’ Protocol on Climate Change“ mit den Konzepten und Kampagne-Papieren „A Platform For Climate Justice“ von asiatischen Bewegungen, Organisationen und Netzwerken, mit der „IEN Platform for COP 15 and COP+“ des Indigenen Umweltnetzwerkes, der Internationalen Kampagne für die Rechte der Klimaflüchtlinge (ICCR) „Act Now. Climate Justice for Climate Refugees“, der Whiteband-Kampagne gegen globale Armut „We call for Climate Justice and End Poverty now”, der Kampagne zu Tribunalen gegen die soziale und ökologische Zerstörung im globalen Süden durch TNC – ausgelöst vom europäisch-lateinamerikanisch-karibischen Netzwerk „Enzalando Alternativas“ und mit dem Projekt „No More Debts. For Human Rights and Rights of Nature. Towards a Jubilee South Platform on Climate Change, Ecological Debt and Financial Sovereignty“. Das Ineinandergreifen der Dokumente und Aktionsvorhaben freut die Akteure, die sich bei der Behandlung ihrer spezifischen Themen und Papiere sehr konkret aufeinander bezogen und ihr überzeugendes Zusammenspiel insbesondere mit Veranstaltungen auf den WSF und anderen internationalen Sozialforen erklärten.

Die Texte sagen deutlich: (a) Wir beziehen uns auf die Menschenrechte und wollen sie weiterentwickeln, insbesondere weil wir sie antikapitalistisch-emanzipativ gebrauchen, die UNO stärken und reformieren, Positionen und Forderungen an Regierungen adressieren wollen. (b) Darauf aber beschränken wir uns nicht, weil wir eigene Kulturen leben, Gerechtigkeit und eine Gesellschaft jenseits von Kapitalismus und Neoliberalismus anstreben. (c) Wir benennen die Hauptverantwortlichen für die Krisen: Die Regierungen in den kapitalistischen Metropolen, die sie tragenden politischen Parteien, die Institutionen des globalen und europäischen Finanzkapitals, die transnationalen Konzerne, Banken, Fonds und Versicherungen, das militärische Establishment mit seinen Strategen und seinem militärisch-industriellen Komplex.  (d) „Klimagerechtigkeit“ bedeutet, dass jeder Mensch die gleichen real gegebenen Möglichkeiten zur Partizipation an den natürlichen Lebensbedingungen hat. (e) Wir wollen solidarisch miteinander leben – nicht zulasten von Schwächeren -, zuerst und vor allem den Bedürftigsten Hilfe erweisen, die vielfach Mädchen und Frauen, Flüchtlinge – darunter zunehmend rechtlose Klimaflüchtlinge – sind, Angehörige indigener Völker und Kinder. (f) Armut, soziale Spaltungen und Naturzerstörung, insbesondere Klimawandel und schwindende Biodiversität, sind unsere größten Herausforderungen. (g) Weil die Hauptverursacher der Krisen historisch auch die Hauptverursacher dieser dramatischen Probleme sind, sagen wir: der globale Norden soll seiner Verantwortung nachkommen, Emissions- und Anpassungsschulden erstatten, für Reparationen und Entschädigung aufkommen. Das ist nicht „einfach“ eine Frage von Geld- und bestenfalls Ressourcentransfer – sondern von gesellschaftlicher Transformation: von Wandel der Produktions- und Konsumtionsstrukturen, der Produktions- und Lebensweisen, der internationalen Arbeitsteilung und Kooperation, der Akteure in der Weltgesellschaft – Schuldenbegleichung als gesellschaftspolitisches Transformationsprojekt.                                                                                                                  (h) Wir wollen demokratische dezentralisierte Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen, die wesentlich auf Kommunen und öffentlich-kommunalen Eigentumsstrukturen basieren. (g) Wir wollen „Respekt vor der Natur, in Frieden und Partnerschaft mit Mutter Erde leben“.

Exemplarisch: “Wir meinen, dass die Lösung der Klimakrise und der Ungerechtigkeit eine grundlegende Transformation des globalen Systems erfordert –  ökonomisch, politisch und socio-kulturell. Angesichts des engen Zeitfensters, um weitere katastrophale, irreversible Konsequenzen zu vermeiden, müssen wir noch angestrengter arbeiten, den Prozess tiefgreifender sozialer Transformation beschleunigen, der zuerst und vor allem kollektive Anstrengungen, Aktionen und die Solidarität der Volks-/BürgerInnenBewegungen in unseren Ländern und über deren Grenzen hinweg weiterführt.” (A Platform For Climate Justice).

„Die ökologische Schuld ist die akkumulierte Schuld der Industrieländer des Nordens gegenüber den Ländern und Völkern des Südens. Auf das Schuldenkonto gehen Ressourcenplünderung, Naturschäden, die Okkupation von Naturräumen, um dort Abfälle wie Greenhouse-Gase zu deponieren. Jene, die die Biosphäre über ihre ökologischen Grenzen belasten und nichtnachhaltige Strukturen der Gewinnung und Nutzung natürlicher Ressourcen forcieren, müssen beginnen, ökologische Schuld abzutragen. Ökologische Schuld entsteht durch übermäßige Ressourcenausbeutung, ökologisch ungleiche Handelsbedingungen, Externalisierung ökologischer Kosten, Aneignung traditionellen Wissens, z. B. über Saatgut und Pflanzen, worauf sich das moderne Agro-Business und Biotechnologien stützen, durch die Kontaminierung der Atmosphäre … mit verschiedenen Greenhouse-Gasen, durch die Produktion und Versuche von chemischen und nuklearen Waffen in den Ländern des Südens, durch das Dumping chemischer und giftiger Abfälle in die 3. Welt. Das gegenwärtige System der neoliberalen globalisierten Marktwirtschaften erhält und mehrt die ökologische Schuld durch solche Mechanismen wie Strukturanpassungsprogramme, von Internationalen Finanzinstitutionen aufgelegt, wie Auslandsinvestitionen und  Handelsbedingungen, die die Länder drängen, Exportprodukte zu produzieren zwecks Rückzahlung von Finanzschulden, wie handelsbezogene internationale Eigentumsrechte im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO), die die Patentierung genetischen Materials für die Landwirtschaft und die Pharmazie von Transnationalen Unternehmen (TNC) schützen, ohne den originären Hütern der Biodiversität im Süden ihre Aufwendungen zu kompensieren …“ (No More Debts).

Die Erklärung vom Climateforum09 „Systemwandel – nicht Klimawandel“ spiegelt jedoch weder die eindeutig kapitalismuskritischen Aussagen noch die Gemeinsamkeit der Akteure genannter Projekte wider. Der Konsens mit den Akteuren aus dem globalen Norden, vor allem aus Westeuropa und wesentlich NGOs, verlangte, „Systemwandel“ eher technisch und als Einsicht in Vernunft zu interpretieren, auf scharfe Kritik an eigenen Regierungen und sie tragenden politischen Parteien zu verzichten, die Idee gesellschaftlicher Transformation zu verschleiern.

„Linke(?)“ aus dem globalen Norden haben sich durchgesetzt und ihre Interessen verfolgt.

Hingegen wurde die Fraktion der GUE/NGL im Europäischen Parlament mehrfach von Akteuren aus dem globalen Süden als Partnerin genannt, vorrangig im Kontext mit Engagement gegen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs), Anhörungen und Tribunalen gegen TNC. Die Kooperation wird fortgesetzt, so mit dem Tribunal gegen europäische TNC in Lateinamerika (14.-16.5.2010 in Madrid). Sie bezieht auch das Brüsseler Büro der RLS mit ein.

In der RLS sollte insbesondere mit Blick auf die Sozialforumsprozesse – das WSF 2011 in Dakar wurde als nächstes globales Arbeitstreffen genannt – beraten werden, wie im qualifizierten Zusammenspiel von Stiftungsakteuren und RLS-Partnern die vernetzten Vorhaben der Akteure aus dem globalen Süden aktive Unterstützung erfahren können.

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