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Zwischen Mythos und Lüge

Der gestrige Dienstag war für verschiedene KommentatorInnen Anlass, die Behauptung zu bekräftigen, dass die Krise vor einem Jahr zur Krise geworden sei. So tut es auch das Bundesfinanzministerium in seinem aktuellen Newsletter. Richtig ist, dass mit der Pleite von Lehman Brothers der Umschlag von der Finanz- in eine Weltwirtschaftskrise markiert wird – die Finanzkrise war aber in Deutschland schon 2007 angekommen. Erinnert sei an die Krisen von IKB und Sachsen LB, aber auch an die Verluste der Deutschen Bank oder der Commerzbank. In einer gerade heute lesenswerten Analyse am 13.8.2007 beschreibt die FTD die Konsequenzen der Krise für eine Reihe deutscher Banken. Der Chef des IW Köln Michael Hüther sprach damals auch von einer „Brandmauer“ zwischen Banken und dem Rest der Wirtschaft (Wirtschaftswoche 34/2007) – soviel zum Thema Wirtschaftskompetenz. Dass dies schon „damals“ Unsinn war, machten VW und Continental deutlich, die eine Woche später, in der Wirtschaftswoche 35/2007, darauf verwiesen, dass die Hypothekenkrise in den USA sich natürlich auf ihr Geschäft auswirken werde. Wir machten auf diese Zusammenhänge schon im Sommer 2007 in einer Analyse aufmerksam, die sich in den wesentlichen Punkten als zutreffend erwiesen hat.

Warum also diese Fixierung auf die Finanzkrise? Der Finanzsektor muss bis heute als Sündenbock herhalten, um Tiefe und Charakter der Krise zu verdecken. Dabei zeigt ein Blick auf die aktuellen Meldungen, wie unabhängig von jedem gefühlten Aufschwung die Wirtschaftskrise ihr Werk tut:
„Nur jedes zehnte Unternehmen findet in Top-Liga zurück“ meint die Boston Consulting Group.
n-tv. de berichtet: „Umsatzeinbruch im Möbelbau. Die deutsche Holz- und Möbelindustrie verzeichnet im ersten Halbjahr 2009 einen dramatischen Umsatzeinbruch. Der Branchenverband macht auch die Auswirkungen der Abwrackprämie dafür verantwortlich. Anders als in anderen Ländern kommen die staalichen Kaufanreize hierzulande nur den Autobauern zugute.“
Dort auch zur Landwirtschaft: Es gab eine gute Getreideernte: „Deshalb sei zu befürchten, dass kleine Betriebe zugunsten der großen aufgeben, da diese besser mit den Erlösen zurecht kommen.“
Noch einmal die Wirtschaftswoche: „Die deutschen Autozulieferer meistern die aktuelle Wirtschaftskrise deutlich besser als ihre ausländischen Konkurrenten und haben genug Unternehmensstärke angesammelt, um Konkurrenten zu übernehmen.“
Das Handelsblatt demgegenüber: “Auch Mahle-Chef Junker gibt zu bedenken: „Kurzarbeit wirkt derzeit wie Valium-Tabletten.“ Er sieht die Lage der Autoindustrie kritischer als so mancher Autokonzern. „Das Problem der Überkapazitäten ist strukturell“, sagt Junker. Möglicherweise werde es bis 2014 oder 2015 dauern, um das Produktionsniveau von 2007 zu erreichen. Nach den Worten des Mahle-Chefs werden weltweit dieses Jahr noch weniger Autos abgesetzt, als in den ohnehin düsteren Prognosen angenommen. Waren die Erwartungen zuletzt von 66 auf 57 Mio. verkaufte Fahrzeuge gefallen, hält Junker jetzt 52 Mio. für realistisch.“

Die Fixierung auf die Finanzkrise ist für die Herrschenden entscheidend, um das machtpolitische „Weiter-So“ zu motivieren und jeglichen Ideen tiefergehender Demokratisierungsforderungen in Staat und Wirtschaf als Konsequenz des Versagens des Systems den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Jenseits aller schönen Sprüche auf Wahlplakaten benennt Steinbrück sein Ziel – Die ganz große Privatisierung:
„Unterdessen setzt sich Bundesfinanzminister Peer Steinbrück für ein vorsichtiges und abgestimmtes Ende der milliardenschweren Konjunkturspritzen weltweit ein. In einem Papier für die Finanzminister und Zentralbankchefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) plädiert der SPD-Politiker dafür, die außergewöhnlichen Maßnahmen der Geld- und Fiskalpolitik “solange aufrecht zu erhalten, bis eine nachhaltige Stabilisierung der Finanzinstitute sowie ein selbsttragender wirtschaftlicher Aufschwung gesichert ist”. Doch fordert der Minister nach Angaben der “Financial Times Deutschland”, früh konsistente Ausstiegsprinzipien zu entwickeln und diese zum richtigen Zeitpunkt “in einem international koordinierten Prozess umzusetzen”. Mit seinem Vorstoß bereitet Steinbrück das Ende einer Politik vor, bei der Regierungen die Kernschmelze der Finanzsysteme und den Absturz der Volkswirtschaften mit beispiellosen Milliardenspritzen verhinderten. Die Notenbanken unterstützten die Bemühungen durch historisch niedrige Zinsen. Es sei nun wichtig, “das staatliche Engagement so zügig wie verantwortbar zurückzuführen” und eine “Rückkehr zu normalen Marktbedingungen zu erreichen”.“
Nach dem Vorbereitungstreffen hieß es dann:
„Die nun erzielten Ergebnisse spiegeln wichtige deutsche Anliegen wider: So konnten die Forderungen der Bundesregierung in das Papier eingebracht werden, dass nach einer nachhaltigen und ausgeglichenen Erholung der Märkte die staatlichen Konjunkturhilfen in abgestimmter und bedachter Weise auslaufen.“
Eine deutliche Sprache.

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