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Am 15. Mai 1525 wurde das Heer der aufständischen Thüringer Bauern in der Schlacht bei Frankenhausen von einem Fürstenheer vernichtend geschlagen. Ihr Anführer, der radikale protestantische Prediger Thomas Müntzer, wurde gefangengenommen und am 27. Mai in Mühlhausen hingerichtet. Er teilte damit das Schicksal von Tausenden seiner Mitkämpfer, die dem Blutbad der fürstlichen Söldner – angeführt von Landgraf Philipp von Hessen, der zwei Jahre später die noch heute nach ihm («dem Großmütigen») benannte Universität in Marburg gründete – zum Opfer fielen. Damit war die bäuerliche Aufstandsbewegung in Thüringen niedergeschlagen. Auch wenn andernorts – vor allem im süddeutschen Raum – die Kämpfe noch weitergingen, zeichnete sich die endgültige Niederlage nun ab. Schätzungen gehen von rund 100.000 getöteten Bauern aus, häufig erst nach Ende der eigentlichen Kampfhandlungen. Ihre politischen Ziele konnten die Aufständischen nirgendwo durchsetzen. Die drückenden Abgaben wurden vielerorts noch einmal erhöht, die Hörigkeitsverhältnisse und Schollenbindung verschärft, das bäuerliche Gemeineigentum weiter zurückgedrängt. Städte, die sich der Bauernbewegung angeschlossen hatten, wurden mit hohen Kontributionen belegt und verloren ihre alten Rechte und Freiheiten.
500 Jahre später sorgen bäuerliche Unruhen wieder für Schlagzeilen. Treckerblockaden und stilisierte Galgen mit aufgehängten Strohpuppen sorgen für spektakuläre Nachrichtenbilder. Bäuerinnen und Bauern – so scheint es – sind ohnehin schon in einer wirtschaftlich schwierigen Lage, nun bedroht der Abbau der Dieselsubventionen vollends ihr Existenz. Doch stimmt dieses apokalyptische Bild? Welche wirtschaftlichen Risiken und Probleme lasten tatsächlich auf den Landwirt*innen? Welche Wechselwirkungen bestehen zwischen Landwirtschaft und Klimakrise?In diesem Heft will die Redaktion den Bauernkrieg vor 500 Jahren würdigen, die epochale Bedeutung der «12 Artikel», deren Forderungen zum Teil an einen modernen Menschenrechtskatalog erinnern, und einen Bogen schlagen zum bäuerlichen Unmut der Gegenwart. Immerhin sind Landwirt*innen heute keine entrechtete Bevölkerungsgruppe, wohl aber – anders als damals – eine kleine gesellschaftliche Minderheit, die sich unter agrarkapitalistischen Verhältnissen behaupten muss und dafür politische Rahmenbedingungen einfordert. Insofern sind differenzierte Betrachtungen und Analysen der Hintergründe dringend geboten.

Aus dem Inhalt des Heftes zu Agrarpolitik und Landwirtschaft:

– 1525: Bauernkrieg. Den Verlauf der Aufstände 1524/25 schildert Gert Meyer
– Theologie und Revolution. Sophie Schulz stellt Ernst Blochs Betrachtungen über Thomas Müntzer vor
– Märchen, Mythen, Mutationen. Die Rezeption Müntzers durch die SED war widersprüchlich und schwankend, erläutert Karsten Krampitz
– Kaum sichtbar, aber wirksam. Horst Luley blickt auf Veränderungsprozesse in der Landwirtschaft
– Landwirtschaft zwischen Protest und Politik. Das Spannungsfeld zwischen EU-Politik und landwirtschaftlicher Existenzsicherung beleuchtet Martin Häusling (MdEP)
– AfD und Landwirtschaft: Agitation und Unbehagen. Das Landwirtschaftsprogramm der AfD kommentieren Timeo Schneider und Andreas Braun
– Die Landvolkbewegung und der Aufstieg der NSDAP. Den Aufstieg des Faschismus im ländlichen Raum skizziert Henning K. Müller
– Zeiten der Krise. Jakob Graf schildert die Situation der kleinbäuerlichen Landwirtschaft im globalen Süden
– Waldbau als historisches Erbe und Missverständnis. Pierre Ibisch fragt: Kann man das Ökosystem Wald überhaupt bauen?

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