Eine Rezension von Sebastian Klauke
Ökosozialistisches Denken hat spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie 2020 wieder an Kontur und Einfluss gewonnen, wobei sich verschiedene Diskurse und Denkrichtungen überlagern, etwa zum «Green New Deal» und Degrowth sowie marxistische Beiträge. Der vorliegende Band gehört zur empfehlenswerten theorie.org-Reihe und wurde von drei Autor*innen konzipiert, wobei von ihnen nur die Einleitung und das Schlusskapitel geschrieben wurden.
Der erste Teil, menschengemachter Klimawandel, zeigt das Problem unserer Gegenwart im Rahmen globaler durchgesetzter kapitalistischer Reproduktionsbedingungen präzise auf. Die wichtigsten Parameter des Klimawandels werden eindrücklich aufgeführt. Im zweiten Teil, Natur und Gesellschaft im Kapitalismus, werden dann aber die Probleme des Buches deutlich: Begrifflichkeiten laufen durcheinander oder werden zumindest nicht präzise verwandt – etwa Gemeinschaft und Gesellschaft oder Klasse, Krise oder Katastrophe. Die Darstellung der Gedanken Marx‘ zum Kapitalismus gestaltet sich auch schwierig, zumindest wenn die Leser*in anderweitig erworbenes Wissen mitbringt, da der Text notwendig verkürzt (und anderswo hinsichtlich der Marxschen Kapitalismusanalyse bereits mehrfach besser dargelegt wurde), die historischen und geographischen Dimensionen der Ausführungen bleiben unkonkret und unpräzise. Die Dynamik geht verloren, vieles liest sich schematisch, der Sprachgebrauch ist mitunter anklagend. Eine Einordnung des Klimawandels als wesentliche Dimension der gegenwärtigen Krisenkonstellation unterbleibt. Die relevante Literatur zum Thema wird zwar für die eigene Argumentation herangezogen, aber leider nicht systematisiert, sondern nur punktuell ausgewertet. Wer tiefer in das Thema einsteigen will, findet hier alle relevanten Titel.
Stark ist das dritte Kapitel zum fossilen Kapitalismus – hier wird nachgezeichnet, warum eigentlich Kohle und Öl so grundlegend und relevant für unsere Gesellschaftsordnung wurden; mit einer «natürlichen» oder «zufälligen» Entwicklung hat dies alles nichts zu tun. Es folgen kapitelweise Abrechnungen mit der Klimapolitik, der Klimabewegung, dem Green New Deal sowie Degrowth/Postwachstum-Perspektiven. Die Paradoxien, Widersprüche, Illusionen, Stärken wie Schwächen all dieser Ansätze werden trotz der Kürze korrekt benannt, aber das letzte Kapitel, zum ökologischen Sozialismus, bietet als Aufruf auch keine Lösung an. Die Arbeiter*innenklasse wird als wichtigster Akteur angerufen, Klassenpolitik beschworen. Die Stoßrichtung der Autor*innen ist nachvollziehbar, samt der durchschimmernden Verzweiflung angesichts des bisherigen Verlaufs aller Entwicklungen. Aber mehr als ein Appell zur zweifelsohne bestehenden Dringlichkeit bleibt am Ende nicht übrig.
Katja Wagner, Maximilian Hauer, Maria Neuhauss: Klima und Kapitalismus. Plädoyer für einen ökologischen Sozialismus, Schmetterling Verlag, Stuttgart 2025, 220 Seiten, 15 Euro