Die Zeitschrift «PERIPHERIE» erscheint 2024 bereits im 44. Jahr. Die erste Ausgabe dieses Jahrgangs (Nr. 173) widmet sich dem Thema Internationalismus und somit einem Thema, das die letztendlich schon immer akademische Zeitschrift seit ihrer Gründung in verschiedenerlei Hinsicht bearbeitet hat, etwa als Kritik an Globalisierung, Entwicklungspolitik oder -theorie. Eine Übersicht über die bisher erschienenen Ausgaben, die allesamt Themenhefte sind, findet sich auf www.zeitschrift-peripherie.de. Die Inhalte der Hefte werden nach zwei Jahren frei zur Verfügung gestellt.
Die Ausgabe 173 zeichnet in zwei sehr guten Artikeln die Geschichte des sogenannten «neuen Internationalismus» nach, der in den 1990er-Jahren entstand. Dass es im sozialrevolutionären Spektrum der Zeitschriften AUTONOMIE. Neue Folge und Materialien für einen neuen Antiimperialismus bereits ab 1985, im Vorfeld der Proteste gegen die Tagung des IWF in Westberlin 1987, eine Debatte dazu gegeben hatte, kommt in dem Heft allerdings nicht vor. Die Texte fragen nach Akteur*innen und Themen eines «neuen Internationalismus» und konturieren seine Inhalte. Sie stellen fest, dass eine Unterteilung in «Süden» und «Norden» nicht mehr richtig sei, es Imperialismus und Geopolitik auch jenseits der NATO gebe, etwa in den BRICS-Staaten, und sich deswegen die Kritik auch an diese Länder richten müsse (von Russland ganz zu schweigen). Zudem habe der Kapitalismus, dies zeigten die Migrationsströme überdeutlich, eben doch für viele Menschen Verbesserungen gebracht und sei deshalb attraktiv . Nicht zuletzt seien viele unter dem Banner des «Antiimperialismus» angetretene Regime autoritär geworden und könnten damals wie heute keinerlei Bezugspunkt für eine undogmatische, internationalistische Linke sein.
Als historisches Dokument wird, samt einer aktualisierenden Einleitung, das Manifest 150° West, 60° Nord. Eine Standortbestimmung jenseits des Neuen Internationalismus nochmals publiziert, das 1998 in der dem BUKO (Bundeskoordination entwicklungspolitischer Aktionsgruppen) nahestehenden Zeitschrift alaska erschienen war. Was aber »internationale Solidarität« heute als «grenzüberschreitende Form(en) der Zusammenarbeit» (S. 3) sein soll, bleibt weiter offen.
Weitere Texte erinnern an die «Zeitenwende» von 1973, die vom Putsch in Chile und der Erdölkrise gekennzeichnet sei, oder zeichnen die Geschichte von hiesigen Therapiezentren für Folterüberlebende als Produkt der internationalen Solidarität nach (Artikel als PDF). Anne Engelhardt erinnert aus Anlass des Ukrainekrieges an den Widerstand der ArbeiterInnenbewegung gegen den Ersten Weltkrieg. Jede PERIPHERIE-Ausgabe enthält ein sogenanntes «PERIPHERIE-Stichwort», in dieser ist es passenderweise «Proletarischer Internationalismus» (PDF). Buchrezensionen schließen das absolut empfehlenswerte Heft ab.
Die Zeitschrift gibt es auch in der Bibliothek der RLS in Berlin (zum Bestand).
Internationalismus; PERIPHERIE, Heft 173 (1/2024), Verlag Barbara Budrich, Juli 2024, 168 Seiten, 19 Euro