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Dass an dieser Stelle die Besprechung einer Zeitschrift steht, ist eher ungewöhnlich – und erst recht einer seit mehr als zehn Jahren existierenden. Doch die Wiederaufnahme von «Lunapark21» ist durchaus etwas Besonderes – wegen des Themas und wegen der beteiligten Personen: Als die Zeitschrift 2008 gegründet wurde, fand der Höhenflug der kapitalistischen Wirtschaft mit der Finanzkrise gerade sein Ende. Es sei «womöglich kein schlechter Zeitpunkt für ein neues Magazin zur Kritik der globalen Ökonomie gewesen», notiert die neue Redaktion im Rückblick. Und nun, drei Tage nach der Trump-Wahl in den Vereinigten Staaten und dem Ampel-Aus in Deutschland sei es «vielleicht kein schlechter Zeitpunkt für die Wiederaufnahme», orakelte die Redaktion weiter.

Was war geschehen? – Unter ihrem Gründer und «Spiritus Rector» Winfried Wolf erschienen im Verlauf der Jahre 61 Ausgaben von Lunapark21. Im Mai 2023 erlag Wolf einem Krebsleiden und die 62. Ausgabe erschien mit früheren Beiträgen und einer Würdigung seines Schaffens. Neben der aktiven Beteiligung an der «Zeitung gegen den Krieg» war der ehemalige Bundestagsabgeordnete und linke Journalist unter anderem auch als profunder Verkehrswende-Aktivist und aktiver Unterstützer der langjährigen Widerstandsbewegung gegen Stuttgart21 bekannt.

Eigentlich sei die Einstellung ihres Magazins beschlossene Sache gewesen, aber der große Zuspruch der Leser*innenschaft und der bisherigen Autor*innen veranlasste die ehrenamtlich tätige Redaktion, sich weiterhin gemäß Bertolt Brecht «an der Suche nicht nur der richtigen Antworten, sondern auch der richtigen Fragen zu beteiligen».

Mit «Konfliktpotenzial» ist das Schwerpunktthema der ersten Nummer nach Wiederaufnahme denn auch passend beschrieben: Es umfasst vierzehn Seiten im 72 Seiten dicken Heft und beleuchtet den Faschismus in unserer Zeit, die US-Staatsfinanzen, die Autoindustrie und das bevorstehende Ende der Schuldenbremse. Daneben ist eine breite Palette unterschiedlicher Themen im Heft zu finden, die von knapp 20 ehrenamtlich tätigen Autor*innen beigesteuert wurden: So unter dem Titel «Care als Falle» ein feministischer Blick auf das Sorge-Paradigma von Frauen in Technikberufen oder die beiden bemerkenswert reich illustrierten Beiträge zur Geschichte des gewerkschaftlichen Kampfs um die 35-Stunden-Woche. Allgemein überzeugt das Heft nicht nur durch lesenswerte Debattenbeiträge sondern auch durch eigenständige, teils schräge Gestaltungselemente – von Kinderzeichnungen über politische Plakate bis zu dystopischen Science-Fiction-Bildern, die gegen den «american way of life» entstanden sind. Lunapark stehe nicht nur für Analyse sondern auch für Utopie, betont die Redaktion. – Gerne mehr davon!

Peter Streiff

Lunapark21 – Zeitschrift zur Kritik der globalen Ökonomie. Heft 63, Lunapark 21 GmbH, Berlin 11/2024, 76 Seiten, 9,70 Euro (zzgl. Porto und Versand), Abo (4 Hefte/Jahr): 36 Euro. Web: www.lunapark21.net

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