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Vorschläge für eine populäre Linke [Rezension]

Von Gabriel Kuhn [1]

Thomas E. Goes stellt sein Buch Klassen im Kampf: Vorschläge für eine populäre Linke ausdrücklich in den Kontext der Diskussionen um eine «Neue Klassenpolitik», die vor einigen Jahren von der Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie der Zeitschrift analyse & kritik [2] angestoßen wurden. Er widmet sich einer ausführlichen Analyse des Klassenbegriffs und wendet seine Ergebnisse auf die gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnisse Westeuropas an. Kapitelüberschriften wie «Was sind überhaupt Klassen?», «Die Herrschenden: Der Block an der Macht» und «Sozialistische Klassenpolitik – heute» sprechen eine deutliche Sprache. Als Gewährsmann wird immer wieder der marxistische Staatstheoretiker Nicos Poulantzas herangezogen.

Goes‘ Schlussfolgerungen münden zum Teil im berüchtigten Soziologendeutsch: «In der heutigen Periode des Imperialismus, seiner neoliberalen Phase, gliedert sich die Bevölkerung nicht nur in zwei Hauptklassen (Bourgeoisie und ArbeiterInnenklasse), sondern besteht zudem aus zwei Mittelklassen, dem traditionellen Kleinbürgertum und der lohnabhängigen Zwischenklasse». Davon darf man sich freilich nicht abschrecken lassen. Goes’ systematische Herangehensweise tut einer Debatte gut, deren Gegenstand – die Klasse – oft unzulänglich definiert wird oder gar ins Mythologische abrutscht.

Goes’ praktische Vorschläge schließen dort an, wo sein 2017 gemeinsam mit Violetta Bock verfasstes Buch Ein unanständiges Angebot? Mit linkem Populismus gegen Eliten und Rechte [3] aufhörte. Goes selbst spricht davon, im Abschlusskapitel von Klassen im Kampf eine «Art Schnappschussversion» von Ein unanständiges Angebot? anzubieten. Er fordert «eine populare Klassenpolitik», ein «mobilisierungsfähiges Unten-Mitte-Bündnis» und einen «fortschrittlichen Populismus». Der Versuch, den Begriff des Volkes – als «Volk der Linken» und «Volk-Klasse» – positiv zu besetzen, ist mutig, aber nicht ohne Probleme. Wenn sich Goes beispielsweise auf den Begriff des «Volkes» bei nicht-deutschsprachigen Autorinnen wie Chantal Mouffe [4] oder Jodi Dean [5] bezieht, riskiert er sprachliche Verwirrung. Gegen Beobachtungen wie «die ArbeiterInnenklasse ist vielschichtig, buntscheckig und setzt sich fortwährend neu zusammen» oder dem Ruf nach «lernenden Organisationen, mit denen wir am Aufbau popularer Bündnisse arbeiten können» ist freilich wenig einzuwenden.

Ein besonderes Lob verdient Goes für das Kapitel «Imperialismus: Internationalisierung der kapitalistischen Klassenverhältnisse». Die globale Ungerechtigkeit als Konsequenz des Imperialismus zu benennen, ist wichtig, um ihr analytisch auf den Grund gehen zu können. Nur so lassen sich Strategien für die «Einigung der national eingekapselten Welt-Klasse» entwickeln, die Goes zu recht als zentrale Herausforderung zukünftiger Klassenpolitik begreift.

Thomas E. Goes: [6] Klassen im Kampf: Vorschläge für eine populäre Linke; Papyrossa Verlag, Köln April 2019; 14,90 EUR

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