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Weitere kleine Nachbetrachtung

logo_5_el_congress_berlin_300x158 [1]Die Feiertage und die kurze Zeit dazwischen ermöglichten und nötigten auch und insbesondere, den Kongress der Europäischen Linkspartei etwas „Revue passieren zu lassen“. Dazu einige wenige Beobachtungen bzw. Reflektionen sehr subjektiver Natur und drei ebenfalls sehr subjektive Schlussfolgerungen:

  1. Man ist insgesamt selbstkritisch(er) und nachdenklich(er) geworden und begreift zunehmend, dass die Stärke der Gegner wesentlich mit eigener Schwäche zu tun hat und daher Veränderung der eigenen Arbeitsweise erfordert. Allerdings heißt das bei Vielen noch immer „Weitermachen, aber besser“ statt „Anders weitermachen“.
  2. Er wurde relativ wenig eigene Erfahrungen reflektiert. Hier war der Vorsitzende der KPÖ eine der sehr positiven Ausnahmen.
  3. Einige Plan-B-VerfechterInnen erklärten den Euro-Austritt als ein unabdingbares Zwischenziel linker EU- bzw. Europapolitik. Die Meisten aber meinten, dass es ihnen um eine Alternative in dem Falle gehe, da eine nächste große „Welle“ globaler Finanzkrise die Eurokrise erneut dramatisch zuspitzen würde und der Euro wieder zulasten der Bevölkerungsmehrheiten gerettet werden soll.
  4. Hochgradig bemerkenswert war die emotionale, aber inhaltlich sehr starke Rede des abgekämpften kämpferischen Alexis Tsipras, der deutlich machte, dass linke Politik vor allem Eintreten für die sozial Schwächsten und Ringen um Handlungsmöglichkeiten, eigene Prinzipien gesellschaftspolitisch wirksamer zu machen, ist. Allerdings war auch bemerkenswert, dass nicht einmal die aggressive Antwort der Gläubiger auf sozialpolitische Maßnahmen der Syriza-Regierung die Delegierten zu einer politischen Initiative pro Solidarität mit ihren griechischen Genossinnen und Genossen veranlasste. Man hat noch immer nicht Griechenland als politische Herausforderung angenommen!
  5. Interessant war auch, dass der Vorschlag von Tsipras, anstelle der üblichen ELP-Kongresse, Foren der Linken in Europa zu veranstalten, zwar wie selbstverständlich aufgenommen wurde, aber nicht als eine konkrete Veränderung überkommener politischer Praxis diskutiert wurde (siehe 1).
  6. Offensichtlich war, dass es dem neuen Präsidenten der ELP schwerfällt, links-europäisch zu argumentieren: Es war ja völlig richtig, auf die sozial und politisch verhängnisvolle Rolle Deutschlands zu fokussieren, aber warum sagte Gysi unentwegt „wir“ wenn er die Herrschenden in Deutschland oder die alte und neue Bundesrepublik meinte? Auch ist es wenig hilfreich, einen „Marshall-Plan für Griechenland“ zu fordern, wenn es um die Bekämpfung der humanitären Krise und Schritte zu sozial und ökologisch nachhaltiger Entwicklung geht.
  7. Auffallend war nicht zuletzt, dass die Geschichte und insbesondere die historischen Jahrestage 2017 de facto ungenutzt blieben, um sich mit sich selbst und all jenen auseinanderzusetzen, die sowohl den 60. Jahrestag der Römischen Verträge als auch den 100. Jahrestag der Russischen Revolution gegen die solidarisch-emanzipativen Kräfte instrumentalisieren.

Was folgt nun aus alledem? Vieles, aber hier werden nur drei Schlussfolgerungen gezogen, die auch selbst umgesetzt werden können und sollen:

  1. Mit einer politischen Initiative Positionen zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge artikulieren und diese mit der kritischen Aneignung der Geschichte jener Bewegung verbinden, für die der Oktober 1917 steht
  2. Die Diskussion zu kritischen Zäsuren und Szenarien als Bausteine für linke politische Strategien fortsetzen und mit der Analyse aktueller Entwicklungen verbinden; zu denen der Aufbau einer neuen „Krisenwelle“ gehört
  3. 1. und 2. Im Kontext mit der Reflektion von Erfahrungen aus dem politischen Alltag verknüpfen, womit auf die Organisation aktiver Solidarität als das eigentliche linke organising von Handlungsfähigkeit fokussiert wird; weiterhin gemeinsam mit jenen zu kooperieren, die links-europäisch in den Bundestagswahlkampf intervenieren wollen (das geht auch mit dem Beschluss der Delegierten zusammen, die Bundestagswahl in Deutschland und die Präsidentschaftswahl in Frankreich als gemeinsame Herausforderungen zu sehen und entsprechend initiativ zu werden. Dieser Beschluss wurde allerdings nicht mit überwältigender Mehrheit angenommen. Denkt man vielleicht noch zu sehr Ländergrenzen-fixiert und/oder sieht man sich überfordert?)
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