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Satirische Reminiszenz

Mit diesen Zeilen verbinde ich die Erwartung, daß Linke aller Mitwirkungspositionen einer kernigen Politsatire nichts entgegen zu meckern haben, sich selbst daran von Herzen erfreuen können, nicht zum Lachen mit dem Knüppel gezwungen werden müssen und den Nutzen eines erheiternden, tiefgründigen und ernst gemeinten Denkanstoßes wohl zu wägen wissen.

Genau 23 Tage nach den Wahlen in den 3 Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt hat das ZDF am 05.04.2016 noch einmal im Rahmen einer beliebten Sendung dieses Wahlthema berührt; und zwar in der Sendung „Die Anstalt“ mit den vorzüglichen Kabarettisten Lisa Fitz, Max Uthoff, Claus von Wagner, Abdelkarim und Nils Heinrich. Als Rahmen der zur Aufführung gebrachten historisierenden Politsatire in mehreren Szenen dienten die Ereignisse um den legendären Robin Hood. Optisch auf Wald eingestimmt könnte man sagen, alles schön grün, aber vom Inhalt her gesehen doch mit viel rot im Hintergrund.

Ich habe mir die Sendung angeschaut und kann allen an geistvoller Ermunterung Interessierten nur empfehlen, vielleicht Versäumtes mit Hilfe der Mediathek wieder gut zu machen.

Hauptmotto ist: die Reichen werden immer reicher und die Armen werden immer mehr.

Robin Hood (Claus von Wagner, gleichermaßen entschlossen wie schwankend) will an diesen Vermögensverhältnissen unbedingt etwas ändern, lauert in der ersten Szene mit seinen hungernden und frierenden Kumpanen (Abdelkarim als Mönch, Nils Heinrich als Cheftheoretiker), die mit hohem theologischen und sozialwissenschaftlichen Bildungsniveau zum Wohle des einfachen Volkes ausgestattet sind, im Walde von Sherwood Forest daher kommenden Kutschen auf und will mit florettgestützten Maßnahmen nun endlich die praktische Umverteilung beginnen.

Der erste anreisende Vermögensträger (glänzend Max Uthoff), mit Kutsche und bayrisch sprechendem Pferd (Lisa Fitz) ein gebildeter und charmanter, traubenessender Reicher, weiß sein irdisch Gut jedoch sehr klug zu verteidigen und bringt Robin Hood fortwährend in ideologische Bedrängnis, der als echter Gerechtigkeitsdemokrat deshalb den harten Zugriff scheut, an seiner Mission zweifelt und sich mit seinen Vasallen immer wieder beraten muß. Nach langem Wortgefecht begnügt sich Robin Hood mit einer Kleingeldmünze, der Reiche darf unbehelligt weiterreisen, begleitet vom nachgerufenen innigen Dank der Hoodrebellen für das spendierte Trinkgeld, die damit der weiteren absoluten Verelendung ein Stückchen Zeit entkommen sind.

So reiht sich Szene an Szene, vom vorgetäuschten Unvermögen, deutsches Großvermögen richtig in die volkswirtschaftliche Statistik einzubeziehen, zur Vermögensteuer und andere Steuerarten, über eine verrückte Puddingdistributionszene (einfach mal hervorgehoben: Abdelkarim als augenrollender Oberschichtler mit der größten Puddingportion), mit der die Einkommensverteilung mit Zugaben und Wegnahmen per Puddinglöffel auch dem Langsamdenker veranschaulicht wird, über die Probleme der schwankenden Mittelschicht, gegeben von Lisa Fitz, die trotz vielen Ungemachs und fehlendem Vermögensfortschritt das Anliegen des Robin Hood ganz symphatisch findet, aber engere Liasons dann doch meidet.

Das Finale der Politsatire schließt den Kreis, den ich mit dem o.a. Hinweis auf die jüngst veranstalteten Wahlen eröffnet habe. Die etablierten Parteien müssen erklären, was sie an der Gerechtigkeitsproblematik zu ändern gedenken. Das Volk muß danach wählen und wählt… das Unvernünftige.

Die Schlußpointe besteht darin, daß die Linke, die mit ihrem Konzept für 80% der deutschen Bevölkerung größere finanzielle Gerechtigkeit brächte, im bayerischen Landkreis Zorneding 2,3% der Wählerstimmen erreichte.

Beifall im Saal. Zustimmung. Das Publikum tritt den Heimweg an.

Wie aber wird später gehandelt, gewählt? Oft, zu oft nicht den Erkenntnissen entsprechend. Politkabarettisten können anregen, anstoßen, Skrupel wecken, aber sie können nicht die Aktivitäten der Parteien ersetzen. Es ist in der Tat schon schwer genug, schwierige politische Sachverhalte satirisch aufzubereiten und zu verkaufen. Und das haben die Satiriker dieser Sendung in hervorragender Qualität gemacht. Aussage, Gag, Lacher, Aussage, Gag, Lacher erreichten einen hervorragenden „Dichte(r)wert“, fürwahr, eine künstlerische Leistung.

Politik zu machen, ohne kabarettistische Normen zu erfüllen, ist zweifellos auch kompliziert genug. Dennoch möchte ich unseren Linken, die in der aktuellen Politik stehen, empfehlen, sich ebenfalls in Bälde etwas besonderes einfallen zu lassen, ungewöhnliche Wege zu beschreiten, viel konsequenter die Lehren aus den Wahlschlappen zu ziehen, rigoroser darauf zu achten, daß die Stimmungen unter den möglichen Wählern strenge Beachtung finden und keine ideologischen Überforderungen stattfinden. Und es muß Schluß damit sein, daß unsere politischen Hauptakteure sich gegenseitig öffentlich beharken oder den Anlaß dazu geben. Weitere verdeutlichende Bemerkungen möchte ich mir hier ersparen.

Die gegenwärtige widerspruchserfüllte globale Situation, die jüngsten Erfahrungen auf den verschiedenen Politikfeldern und die bevorstehenden Wahlen 2016 und 2017 erfordern jetzt ein entschlossenes programmatisches Handeln der verantwortlichen Genossen. Ganz so, wie es schon oft formuliert wurde: Die Verantwortlichen erst wieder laufen lassen, bis ein stimmiges Konzept entstanden ist. Ich meine, die Zeit ist reif dafür. Es muß jetzt passieren.

Das ungewöhnliche und überdurchschnittliche, das die Anstaltskabarettisten mit ihrem „Satireprodukt“ zustande gebracht haben, sollte durchaus als ein Zeichen verstanden werden im politischen Alltag aufzuholen und zumindestens den Versuch zu starten, mit den Satirikern mitzuhalten.

Wer an dieser Stelle abfällig abwinkt, ha, Satiriker, danach sollen wir stolzen Linken uns richten?

Der sollte bedenken, ja die Satiriker geben nur ein Zeichen, ein Warnzeichen, dahinter steht das zu lösende Problem.

One Response to “Satirische Reminiszenz”

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