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schirrmacher vs. dath

mir wird gerade klarer, was mein derzeitiger leib- und magenschreiberling dath bei der faz treibt, dem konservativen leitorgan der deutschsprachigen presselandschaft – außer natürlich überlebensgeld verdienen. der faz-herausgeber schirrmacher hält sich da offensichtlich einen diskutanten für ein thema, das ihn selbst umtreibt: kapitalismuskritik. jetzt hat schirrmacher tatsächlich ein kapitalismuskritisches buch geschrieben: “ego“. er schafft es allerdings, die kapitalismuskritik unmarxistisch und voll vom bürgerlichen (im doppelten sinne) standpunkt aus zu formulieren. eine gute zuspitzung darauf gabe es neulich in einer besprechung in der süddeutschen. ich zitiere den zentralen passus, aus dem hervorgeht, wo es die bürgerlichen jetzt dann doch zur kapitalismuskritik treibt:

Inzwischen hat sich das Tempo der komplexen wechselseitigen Spiel- und Gegenspielzüge so hochgeschaukelt, dass schon der Vorsprung von Nanosekunden reichen kann, um Sieg und Gewinn davonzutragen. Das aber ist beileibe nicht nur ein sportliches Phänomen.Denn bei dieser Gelegenheit zerbröselt der Hochgeschwindigkeitshandel eines der Fundamente der Rechtsordnung: ausgerechnet das unternehmerische Eigentum. Inzwischen beträgt die durchschnittliche Haltezeit von Aktien an der Börse sage und schreibe 22 Sekunden. Es ist noch nicht lange her, da waren es im Schnitt mehr als vier Jahre. Eine verantwortliche Rolle des Miteigentümers eines Unternehmens, die ja der Aktienbesitz darstellt, ist damit hinfällig. Wer, wenn nicht die Eigentümer tragen dann die Verantwortung?” Quelle: SZ vom 16./17.2.2013

weil sie durch den finanzmarktgetriebenen kapitalismus ihren “unternehmerischen”, d.h. “steuernden”, d.h. herrschenden einfluss zersetzt sehen, fangen sie an, den kapitalismus zu kritisieren. und da setzt, wohlwollend betrachtet, die lenino-luxemburgistische dath’sche maulwurfsarbeit an: bei der eventuellen gelegenheit zum strategischen bündnis von der sorte, ohne die es bisher keine grundsätzlichen gesellschaftlichen transformationen gegeben hat. ob in der russischen oder der französischen revolution: für die entscheidenden momente waren teile der bürgerlichen klasse aufgrund eigener interessenverfolgung ins revolutionäre projekt eingebunden.
wer aktuell wen einbindet, ist zwar noch nicht ganz so klar. aber ich verstehe jetzt zumindest die konstellation besser, in der dath sich der faz verschreibt.

4 Responses to “schirrmacher vs. dath”

  1. nachtrag: clemens knobloch in den blättern für deutsche und internationale Politik zur “phalanx der angstmacher”, in die sich schirrmacher einreiht:

    “Wollte ein Staatsakteur ‘den Märkten’ wirklich ans Leder, würde er ihre Schwächen sezieren, nicht ihre Stärken aufblähen. Jeder Nationalstaat könnte, je nach Temperament, den großen Ratingagenturen kündigen, ihre Bürogebäude umstellen, ihre Computer vom Netz nehmen, ihre Häuptlinge einsacken oder ausweisen. Spieltheoretisch würde das mächtig Sinn machen! Denn noch haben die Märkte keine Armeen. Was sich, wie wir mittlerweile wissen, rasch ändern kann – auch der Krieg wird privatisiert.”

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