Linke News aus Brüssel

^[1]Zeitgleich mit dem jüngsten EU-Gipfel und ebenfalls in Brüssel tagten am Donnerstag im Europäischen Parlament die Fraktionen der GUE/NGL und der Grünen mit verschiedenen Linken, die sich in sozialen Bewegungen, Gewerkschaften, Netzwerken und NGOs engagieren. Am Freitag kamen dann Aktive aus 10 europäischen Netzwerken und verschiedenen Gewerkschaften beim Europäischen Verband der Transportgewerkschaften zusammen. Sie hatten im März die Vorbereitung eines Alternative Summit vereinbart, mit dem sie herrschender EU-Politik linken europäischen Protest, Widerstand und Alternativen entgegensetzen wollen.

Dass die zahlreich angereisten Italiener/innen an diesen zwei Tagen bester Laune waren, lag nicht vor allem am gegen Deutschland gewonnenen Fußballspiel, sondern am Erfolg von gleich zwei wichtigen Vorhaben: Das Treffen “Another Road for Europe ^[2]” im Europaparlament ging insbesondere auf die Initiative von Mitgliedern verschiedener italienischer Linksparteien zurück, die in Gewerkschaften und sozialen Bewegungen eng kooperieren. Zugleich vermochten sie nachhaltig für ihr Projekt “Florenz 10+10” zu werben. Ihre Hoffnung ist es, über europäische Initiativen die im politischen System stark fragmentierten italienischen Linken neu zusammenzuführen.

Sowohl am Donnerstag als auch am Freitag ging es um die Konvergenz von Positionen und Aktivitäten und um die Verabredung zu gemeinsamen Projekten. Für die Tagung im EP bot der Appell “Ein anderer Weg für Europa”, nicht zuletzt von Abgeordneten der Linksparteien, der GRÜNEN und von einzelnen – insbesondere französischen – Sozialdemokraten getragen, eine gute Arbeitsgrundlage. So konnten am Abend vor allem fünf gemeinsame Positionen ausgemacht werden: 1. Die EZB muss Lender of  last Ressort werden (d. h. eine Zentralbank muss dem Geschäftsbankensystem bei Liquiditätsengpässen kurzfristig Finanzmittel zur Verfügung stellen) und die Schuldenproblematik in der EU gemeinschaftlich gelöst werden. Über partizipative Prozesse demokratisch erarbeitete Schuldenaudits sollen dabei zur Wirkung kommen. 2. Der Finanzsektor muss verschlankt werden. 3. Die Austeritätspolitik soll gemildert und der Finanzpakt zurückgenommen werden. 4. längerfristig sollen die Produktions- und Konsumtionsstrukturen sozial und ökologisch nachhaltig umgebaut werden. 5. die Demokratie soll unverzüglich verteidigt und ausgebaut werden.

Am fortgeschrittenen Konvergenzprozess waren nicht zuletzt Rossana Rossanda und Susan George beteiligt, die lebhaft mitdiskutierten. Dieser gestaltete sich am Freitag viel leichter und entspannter, denn das umfangreiche Positionspapier der Joint Social Conference ^[3] vom März war bereits Ergebnis einer längeren Verständigung, an der die europäischen Netzwerke, Produkte des Europäischen Sozialforumsprozesses, federführend beteiligt waren. So ging es um die Präzisierung, Vervollkommnung und Umsetzung von Gemeinsamkeiten. Hierfür soll dann auch und insbesondere Florenz, wo vor 10 Jahren das erste Europäische Sozialforum gemeinsame Aktionen und Hoffnungen unter den Linken begründete, vom 8. bis 11. November 2012 sorgen. Es wird angestrebt, dass dort tragfähige Verabredungen für einen großen europäischen Alternative Summit in Athen 2013 getroffen werden.

Bis Anfang November ist in den Ländern und europäisch noch viel zu tun, zumal Europäische BürgerInneninitiativen gestartet wurden, die die gesellschaftskritischen Bürger/innen von links aus aktivieren sollen. Nicht zuletzt wegen der BürgerInneninitiativen und der partizipativen Schuldenaudits, die immer mit Gemeingütern zu tun haben, soll in Florenz die Demokratieproblematik zentral sein.

Für die Analyse von Erfahrungen im Ringen um Demokratisierung und politische Handlungsmöglichkeiten und von gegenwärtig ablaufenden gesellschaftlichen Veränderungsprozessen wird von der RLS und ihren Partner/innen sehr Konkretes erwartet.