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Gelegentlich wurde immer wieder gesagt, dass eine Krise auch eine Chance sei. Wenn es eine Chance gegeben hat, so haben die politischen und wirtschaftlichen Eliten dieses Systems sie gründlich und gemeinsam verspielt. Der Bezug auf die Weltwirtschaftskrise Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre wie auch die Erinnerungen an den New Deal blieben platonisch. Den einen fehlte der Mut, den anderen das Interesse an einer Krisenlösung in diesen Dimensionen. Und es fehlt interessenbestimmt offensichtlich auch an Lernfähigkeit. Angela Merkel verfolgt den Kurs der Installierung von Eingriffsrechten in nationale Hoheiten zur Sicherung der Haushaltskonsolidierung seit Ende 2008/Anfang 2009 kontinuierlich, wenn auch gelegentlich mit neuen Begriffen. Damals sprach sie von der „weltweiten sozialen Marktwirtschaft“, nun spricht sie sich offener für die Einschränkung nationaler Kompetenzen in einem Kernbereich der Staatlichkeit, nämlich der Haushaltspolitik (und sicher darüber hinaus) aus.

Nun hat sich aber die Welt seit 2008 gewandelt. Die Krisenbearbeitung durch Ausweitung der Staatsverschuldung hat die grundlegenden Strukturen in Industrie, Landwirtschaft und Finanzsystem konserviert. Konserviert wurden auch die Umverteilungsströme, die ein wesentlicher Auslöser der Krise waren. Das ist fraglos ein, wenn nicht der entscheidende Unterschied zum New Deal. Diese Konservierung bedeutet aber auch Konservierung der Widersprüche und Probleme. Die Stabilität wurde nur dadurch gewahrt, dass die Krisenkosten in immer neue Bereiche verschoben wurden – aus der Wirtschaft auf die einzelnen Staaten, von den Staaten auf die EU, von der EU jetzt zunehmend auf den IWF – und schließlich soll China die Welt retten. China selbst aber ist wirtschaftlich keinesfalls gesund, wenn auch, mehr noch als die USA durch einen gigantischen Binnenmarkt stabilisiert. Also wo liegt die nächste Instanz…? Zyniker könnten vermuten, dass die Fortsetzung des Seti-Projektes vielleicht vor allem der Suche nach extragalaktischen Finanziers geschuldet sei.

Alle wissen es, alle sagen es: Die gestrige „Flutung“ der Märkte mit Geld bedeutet nichts anderes, als das man sich weiter kreditiert und dabei weiß, das nichts mehr dahinter seht, außer der irrationalen Hoffnung, aus der Krise wachsen zu können. Eine typische „Blase“, die neben den ohnehin bestehenden aufgepumpt wird. Die Rezepte, dieser Konstellation zu entkommen, können angesichts des entstandenen Problemwirrwars nur noch repressiv sein: Merkel spricht dies deutlich aus. Die Vorlage ist da: das Verhalten gegenüber Griechenland. Dass das aber nicht zu dem erhofften Wachstum führt, ist klar. Die Antwort ist: noch mehr Druck. Es baut sich so eine außerordentlich bedrohliche Logik auf, die in ihren Konsequenzen an die Grenzen bürgerlich-demokratischer Ordnung führt – ganz im Namen konsequenter Ordnungspolitik. Das Handelsblatt hört „die soziale Zeitbombe“ (wenn auch – noch – nicht in Deutschland) schon ticken.

Betrachtet man die letzten Wochen, scheinen gerade in Deutschland maßgebliche PolitikerInnen bereit, die Explosion der Bombe in Kauf zu nehmen – wie sie in der Krise alles getan haben, um die Konflikte zu verhindern. Aber auch das wird in Deutschland nicht noch einmal möglich sein: Die Konjunktur flaut ab, die Finanzkrise ist in die Kommunen zurück gekehrt und wesentliche soziale Widersprüche, vor allem um Hartz IV, sind ungelöst. Die Tendenz läuft also auf ein konfliktorientiertes und repressives Szenario für die Zukunft auch in Deutschland hinaus. Die Situation beginnt sich zu schließen.

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