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Power gegen Vattenfall

[1]Weil der (schwedische) Staatskonzern Vattenfall unentwegt von sich reden macht und die Bundesregierung sich unentwegt wegen  der Erneuerbare-Energien-Entwicklung in Deutschland rühmt, greifen wir doch mal schnell zu Powershifts „Holz aus Afrika für warme Stuben in Berlin [2]“. Schließlich kann man daraus viel lernen und die Blog-Notizen über aufklärerische NGO-Beiträge zur Klima-, Energie-, Entwicklungs- und Ressourcenpolitik vorerst abschließen.

„40 Prozent aller 2009 in Deutschland verbrannten Holzpellets wurden aus ganzen Stämmen gewonnen (Wood Resources International 2009). Unternehmen wie Vattenfall planen Plantagen mit schnellwachsenden Bäumen (Kurzumtriebsplantagen), die helfen sollen, den Bedarf zu decken. Zu den global in solchen Plantagen angepflanzten angepflanzten Bäumen gehören (neben Weiden und Pappeln) etwa auch Eukalyptus-Monokulturen, die Ökosysteme und den Wasserhaushalt belasten.“ (S. 6)

Vor allem belasten sie den Wasserhaushalt in armen Ländern, wo der Erhalt der Wälder bzw. breite Aufforstung notwendig wären. Vielfach konkurrieren dort die für energetisch-verwertbare-Biomasse-Exporte gebrauchten Flächen mit landwirtschaftlicher Nutzfläche für die Nahrungsmittelproduktion. Und oftmals werden Menschen für derartige Exportindustrie vertrieben.

Bis 2020 wird laut European Renewable Energy Council der Bioenergie-Anteil am Gesamtenergieverbrauch der EU 13% ausmachen (S. 6). Daran will Vattenfall seinen Anteil und vor allem seinen Profitanteil haben.

Die zunehmend übliche und auch von Vattenfalls Partner in Liberia (Buchanan Renewables – BR) praktizierte ‚Ernte’ ganzer Bäume inklusive Wurzelwerk ist nicht nur ökologisch, sondern auch unter Klimaaspekten höchst bedenklich, weil durch diese Praxis im Boden gebundener Kohlenstoff in erheblichen Mengen in die Atmosphäre freigesetzt wird (Global Forest Coalition 2010) und dessen erneuter Einbau Jahrzehnte dauert. Weitere Folgen sind Erosion; Verluste von Nährstoffen im Boden, weil früher vorhandenes Totholz nicht mehr zersetzt werden kann; Verluste in der Biodiversität, etwa von natürlichen Schädlings-Fressfeinden und damit der verstärkte Einsatz von Pestiziden auf den Baumplantagen.“ (S. 7)

Für die Waldbewohner/innen hat dies verheerende Auswirkungen: ihre natürlichen Lebensgrundlagen werden zerstört.

Aber Vattenfall und Co. können mit Biomasse-Zufeuerung ihre Kohlekraftwerke mit grünem Anstrich versehen und deren Laufzeit verlängern.  So hat der Konzern im September 2010 seine „Strategische Neuorientierung“ präsentiert, die Kohlekraftwerke, Atomenergie, CCS und zweifelhafte erneuerbare Energien als Pfeiler moderner Energiepolitik favorisiert bzw. an ihnen festhält (S. 8-9).

Da die Berliner/innen ein neues Kohlekraftwerk zu verhindern wussten, will Vattenfall nun ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk sowie zwei Biomasse-Heizkraftwerke bauen. Der Konzern plant neue GuD-Kraftwerke in Lichterfelde und Marzahn-Hellersdorf. Ab 2011 sollen 65.000 Tonnen zusätzliche Biomasse verfeuert werden. Ein Biomasseheizkraftwerk im Märkischen Viertel soll 36.000 Wohnungen mit Energie versorgen. „Insgesamt beziffert Vattenfall seinen Bedarf an Biomasse auf jährlich 1,3 Mio. Tonnen ab 2019.“(S. 11) Die erforderliche Biomasse soll zum überwiegenden Teil importiert werden.

Und Vattenfall hat ja seinen Partner BR, der einerseits Wälder abholzt und andererseits Menschen um Holz bringt, das ihre einzige Energiequelle ist. BR führt Bürgerkrieg um Land, um dort energetisch verwertbare Biomasse zu produzieren. Seine Löhne und Holz-Aufkaufpreise sind zum Leben viel zu gering. Seine Verkaufspreise aber sind enorm hoch, denn Korruption zwecks Profitmaximierung kostet Geld. Und außerdem muss man ja für die Vertreibung von Menschen und die Aneignung von Land „ordentlich“ zahlen.

Es ist ein Verdienst von Powershift, die unmenschlichen Praktiken und die kriminellen Machenschaften der Vattenfall-Partner in armen Ländern offenzulegen und die Opfer zu Wort kommen zu lassen.

Ein weiterer Verdienst ist es zu zeigen, dass Maßnahmen, die im Namen nachhaltiger Entwicklung realisiert werden, vielfach keineswegs sozial und ökologisch nachhaltig sind. So z. B. angeblich sozial und ökologisch korrekt bewirtschaftete Plantagen, erneuerbare Energien und freiwillige Standards sowie Zertifikate, die soziale und ökologische Korrektheit sichern sollen.

Unterstützt werden müssen auch folgende Aussagen im „Fazit“:

Die Vattenfall ‚Liberia Connection‘ zeigt nicht zuletzt, dass eine wirkliche Energiewende und zugleich faire Handelsbeziehungen mit Südpartnern mit einem profitorientierten Energiegiganten nicht möglich sind … Wirklich neue Wege in der Energiewirtschaft lassen sich nur mit neuen Energieversorgern beschreiten, die nicht an alten liebgewonnenen Pfründen und Strukturen festhalten … Aus dem Holz aus Liberia, das Vattenfall nach Berlin verschifft, erwächst somit die Aufgabe für Berliner Nichtregierungsorganisationen und politische Akteure, nach Kooperationsmöglichkeiten mit Liberianern zur Überwindung von Energiearmut in Liberia – statt zur Überwindung eines vermeindlichen Rohstoffengpasses in Berlin – zu suchen.“ (S. 25)

Allerdings findet sich kein Hinweis darauf, was daraus folgt. Auch gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Linken in Berlin zusammenkommen, über die Schlussfolgerungen aus der Analyse diskutieren und Alternativen organisieren müssen. Dabei findet dies teilweise – nicht zuletzt dank PowerShift – statt. Stichwort: Berliner Energietisch [3], von dem in mehring1 schon berichtet [4] wurde.

 

 

 

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