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Demokratie fällt nun doch aus …

Gestern verwiesen wir auf die alte Erfahrung [1], dass letzter Akt angestauter Krisen die Gewalt ist – in welcher Form auch immer. Nun scheint es in Griechenland wohl demnächst eine Übergangsregierung geben, die sich, so Spiegel-online [2] aus ExpertInnen, nicht aus PolitikerInnen zusammensetzen soll. Und diese ExpertInnen sollen wiederum – Ex-Banker sein. Widersinniger kann Krisenbewältigung nicht aussehen. Die Flucht in die direkte Demokratie als Verantwortungsverschiebung endet nun offensichtlich weit am Rand der repräsentativen Demokratie mit einer Notregierung. Das wiederum wird der EU den Anlaß liefern, die eigenen Notregierungspraxen von Troika und Haushaltsüberwachung EU-weit legitimiert zu sehen. Das Verfahren, dass sich gerade in Griechenland entfaltet, sollte auch in den anderen EU-Ländern und gerade in Deutschland als Warnung vor einer möglichen eigenen Zukunft verstanden werden. Die Instrumente dafür sind in den letzten Jahren geschaffen worden [3]. Schuldenbremse, diverse Anstalten (Soffin und Nachfolger), Privatisierungszwänge – und die beharrliche Verdrängung der tatsächlichen Krisenursachen sind in Deutschland die Vorboten einer Notregierungspraxis – die ja vielleicht auch eine “normale” Regierung anwenden könnte. Die Auslöser der Krise seit 2007 sind schon lange rehabilitiert. Die in Griechenland nun sich andeutende “ExpertInnenregierung” ist nicht unpolitisch – sie ist im ungünstigsten Fall der unmittelbare Übergang der politischen Macht an die Wirtschaftselite, mit einem lahmgelegten Parlament. Da sich die Problemwahrnehmung auf die fiskalischen Seiten beschränkt, treibt die EU immer weiter von der ihr durchaus innewohnenden Fähigkeit, die Krise zu lösen, ab. Indem sie sich zur Haushaltskonsolidierungsunion reduziert, kommt sie ihrem Auseinanderfallen rapide näher. Dafür braucht man sie einfach nicht – irgendwann werden die herrschenden Kreise in den einzelnen Ländern zu der Meinung kommen, dass man das nationale viel besser und schneller kann – notfalls auch ohne Demokratie und irgendwelche europäischen Werte. Ob es soweit kommt, ist jetzt nicht zu sagen. Jedenfalls stellt die derzeitige Politik tatsächlich alle Integrationsmechanismen in Frage. Dies gilt auch für die Basis der jetzigen Prozesse, die Lissabonstrategie. Von Wettbewerbsfähigkeit ist in den ganzen Auseinandersetzungen der letzten Wochen nicht mehr die Rede. Wir dürfen gespannt sein, wann das wieder jemandem auffällt.

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