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Gefährdet Demokratie die EU?

Die Reaktionen auf die Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten, über die Akzeptanz der Sparauflagen seitens der EU ein Referendum abzuhalten, sind verräterisch. Offener kann wohl kaum ausgesprochen werden, dass sich die Regierungen mit den Beschlüssen zur Eurozonen-Stabilisierung weitgehend jeder eigenständigen politischen Handlungsspielräume beraubt haben. Weitgehend übereinstimmend wurde in den letzten Tagen aus verschiedenen politischen Richtungen festgehalten, dass der EU-Gipfel mit seinen Beschlüssen vielleicht Zeit gekauft, aber kein Problem gelöst hat. Das wird jetzt offensichtlich. Zwang und außerordentliche Vollmachten sind dann das letzte Mittel – und die Zeichen eines beginnenden Bruchs mit dem Bisherigen. Auch wenn so ein Bruch sich oft Zeit läßt. Die Verfügung gegen die Einrichtung eines 9köpfigen Gremiums, das am Bundestag vorbei über Milliardenbeträge verfügen sollte wie auch die Proteste in Griechenland, Spanien und nun auch in den USA zeigen deutlich Unbehagen, Wut und Angst um die Zukunft der bürgerlichen Demokratie. Das ist völlig berechtigt, trifft doch dieser Prozess auf ein politisches System, das durch Verwaltungsreformen, Hartz-Gesetze, SOFFIN, Schuldenbremsen usw. in den letzten Jahren ohnehin schon ein enormes repressives Potenzial aufgebaut hat. Analoges gilt für alle EU-Mitgliedsstaaten und die EU selbst. Dem gegenüber bleiben die Bedenken aus dem herrschenden Block selbst diffus. Ab und zu leuchtet die Erkenntnis auf, dass man eine Währungsunion ohne Wirtschafts- und Sozialunion kaum mit demokratischen Mitteln stabil halten kann. Und gelegentlich wird auch nachgedacht, ob es so gut ist, Staatshaushalte faktisch über Staatsverschuldung am Laufen zu halten. Allerdings bleibt die Konsquenz, dass Staatseinnahmen kräftig zu erhöhen sind, weitgehend unausgesprochen. Das neoliberale Weltbild und die oligarchischen Interessen sind tief verankert.
Mit der Aufregung um die Ankündigung Papandreos ist zudem eines deutlich geworden – die Staatsschuldenkrise beginnt in eine umfassende politische und in eine Krise der Lebensweise umzuschlagen. Die ausschließliche Fixierung auf fiskalische Lösungen und der konsequente Ausschluss von raschen wirtschaftsstrukturellen Änderungen in allen EU-Ländern wird mit einiger Wahrscheinlichkeit tatsächlich mit laufender Zeit immer tiefergehende Einschnitte in die bisherigen Verteilungs- und Produktionsverhältnisse in allen EU-Staaten erzwingen.
Neben dem Protest in seinen vielfältige Formen steht damit die Notwendigkeit, sich konsequenter Projekten zuzuwenden, die gelebte Alternativen deutlich werden lassen – sei es durch Demokratisierung von Haushaltspolitik (die guten alten Beteiligungs- oder Bürgerhaushalte in der Tradition von Porto Alegre, ein öffentliches Monitoring von Haushaltspolitik …), Verbindung von Rekommunalisierung und Demokratisierung öffentlicher Unternehmen oder die Wiederbelebung einer Sozialberichterstattung von unten. Diese Verbindung, die auch zu einem Gutteil Verbindung zwischen unterschiedlichen sozialen Räumen ist, fehlt derzeit.

2 Responses to “Gefährdet Demokratie die EU?”

  1. Ein interessanter Beitrag zum gleichen Thema findet sich auf den Nachdenkseiten unter www.nachdenkseiten.de/?p=11160

  2. […] Kommentare « Gefährdet Demokratie die EU? […]

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