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Sommertage mit INFORSE

[1]INFORSE [2]“ heißt „International Network for Sustainable Energy“. Es wurde als NGO-Netzwerk beim sogenannten „Erdgipfel“ in Rio de Janeiro 1992 gegründet und beruht auf den regionalen Sub-Netzwerken in Afrika, Asien und Europa. INFORSE Europe [3]hat ca. 80 Mitglieder in 35 Ländern. Seine diesjährige Jahrestagung [4] fand vom 22.8.bis 26.8. in Hamburg statt. Die Autorin sah sich doppelt eingeladen: zum einen als Mitwirkende am RLS-Projekt „Lasst uns über Alternativen reden!“, zum anderen um eine Kooperation weiterzuführen. Den ersten Kontakt mit INFORSE Europe hatten wir im Winter 2009/2010, da sich die Europaabgeordnete Gabi Zimmer als in Sachen Armut hochgradig Sensibilisierte mit Energiearmut befasste und Partner/innen außerhalb des Europäischen Parlaments suchte. Die Recherche führte zur Charta [5]von INFORSE, in der es heißt: „Vision: Eine Welt, in der die Energiedienstleistungen für eine gerechte und menschenzentrierte Entwicklung auf nachhaltige Weise  – auf der Basis erneuerbarer Energien – zur Verfügung gestellt werden. Mission: … für nachhaltige Energielösungen arbeiten, um die Armut zu reduzieren und die Natur zu schützen.“ Zu den Armutsbekämpfungs-Zielen heißt es weiter: „Gleicher Zugang zu den Energieleistungen für alle; die Einkommenssituation durch nachhaltige Energielösungen, insbesondere für die Armen, verbessern; gesteigerte Effizienz und geminderte Verschmutzung bei traditioneller Brennstoffnutzung, um die Plackerei von Frauen zu verringern …”

Die Kommunikation mit dem slowakischen INFORSE-Koordinator Emil Bédi führte u. a. zu einem gemeinsamen Seminar beim Europäischen Sozialforum in Istanbul. Emil ist Direktor der Stiftung für alternative Energie [6] in Bratislava und engagiert sich insbesondere dafür, dass die Lebensbedingungen der Roma-Bevölkerung verbessert werden. In Ion Zamfir von den rumänischen Earth Friends [7] (nicht den Friends of Earth) hat er einen guten Partner. Ion leitet ein Zentrum für erneuerbare Energien, unterrichtet Studierende und baut mit ausgegrenzten Roma Sonnenkollektoren. Beide verstehen sich hervorragend mit Anna Zwetkova aus Kiev, die für MAMA-86 [8] arbeitet. Die Geschichte der Umweltgesundheits-NGO und -Bewegung geht direkt auf von der Tschernobyl-Katastrophe betroffene Mütter zurück. Zwischenzeitlich ist das Spektrum der Arbeitsfelder von MAMA-86 breit geworden, aber immer wieder wird auf die demokratische Festlegung und Realisierung von sozialökologischen Standards fokussiert.

Die Geschichte der postsowjetischen INFORSE-Mitglieder beginnt mit Selbsthilfe von Tschernobyl-Opfern und mit ihnen erwiesener Solidarität. Das betrifft auch das imposante Schulprojekt SPARE [9], das Olga Senova in Sankt Peterburg koordiniert. Es ist das größte internationale Schulprojekt. Es verbindet 4.700 Schulen in allen 17 Ex-Sowjetunion-Ländern und verbindet 200.000 Schülerinnen und Schüler über Aufklärung zur Energieproblematik. Die Lehr- und Lernmaterialien sind attraktiv, Olgas Antworten auf die Fragen der staunenden Wessis sind erfrischend: „wenn die Staaten Krieg führen, müssen die Schulen erst recht kooperieren“ – „und wie finanziert Ihr das?“ – „meine Bücher stimmen“. Mit der scheinbar größten Selbstverständlichkeit wird bei der Hamburger INFORSE-Tagung SPARE erweitert, denn unter den HamburgerInnen sind LehrerInnen und der Warschauer Zdislaw Stan Nitak koordiniert auch Netzwerke von Schulen, Lehrenden und Studierenden, die auf erneuerbare Energien und die Reduzierung des ökologischen Fußabdruckes hinwirken. Stan ist wie Emil Vorsitzender einer Stiftung [10] und arbeitet gleich für mehrere Netzwerke. Darunter sind auch Zusammenhänge von Biobauern und ökologisch sensibilisierten KommunalpolitikerInnen. Die Vernetzung von SPARE mit dem polnischen Schulnetzwerk gefällt Ian. Er hat bereits rumänische Interessierte gefunden – insbesondere in Schulen in der Nähe zu Moldawien.

Drei sehr junge Leute aus Minsk repräsentierten das Zentrum für ökologische Lösungen [11]. Ihre Studienwahl und ihre Aktivitäten sind bereits aus einem Schulprojekt hervorgegangen. Sie kennen SPARE aus eigener Erfahrung und organisieren u. a. Jugend-Klimacamps. Ihre aufklärerischen Demonstrationsbeispiele zur Energieproblematik haben für Lachen und Schmunzeln gesorgt – nicht zuletzt bei ihrem älteren Landsmann Evgenij Shirokov, der heute ökologisch baut und zugleich für die Internationale Umweltakademie [12] arbeitet. Auch sein Engagement für erneuerbare Energien begann mit der Katastrophe von Tschernobyl.

Die sehr interessanten Beiträge aus Hamburg – die Redner/innen aus der Stadt kamen leider meist nur zum eigenen Vortrag  – orientierten zum einen auf technisch-technologische Lösungen, zum anderen auf eigene Verhaltensweisen. Die wenigen Gäste aus den alten EU-Ländern, in erster Linie „INFORSE“-Funktionäre, orientierten zusätzlich auf NGO-Networking [13] zur Einflussnahme auf Regierungen und EU-Institutionen. Ihr technisch anmutendes Herangehen pro 100% erneuerbare Energien [14] sagt den jungen Intellektuellen aus Ungarn zu.

Die kleine informelle Arbeitsgruppe, die zur Energiearmut vereinbart wurde, besteht (bis auf die ostdeutsche Autorin) ausschließlich aus in den MOE-Staaten Lebenden. Ihre Mitglieder werden sich am 26.11. in Warschau treffen, wo auf Initiative von Gabi Zimmer eine Konferenz zur Armutsbekämpfung stattfinden wird.

INFORSE Europe kann zu seiner perfekt organisierten Jahrestagung nur gratuliert und seinen Mitgliedern Erfolg gewünscht werden. Das gilt erst recht für das Hamburger Mitglied Ecoact e.V [15]., das mit dem Gut Karlshöhe [16] einen optimalen Tagungsort entschied.

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