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Vor dem EU-Gipfel am 23./24.6.2011 haben die Regierenden in Deutschland „ordentlich“ nationalistische Stimmungen geschürt und zugleich wesentlich verhindern helfen, dass nachhaltige Wege aus der Verschuldungskrise im Euroraum gesucht und gefunden werden. Frau Kanzlerin ging hier voran. Sie forderte in den Euro-Krisen-Ländern weiteren massiven Sozialabbau und Privatisierung zwecks „Sparerei“ bei den öffentlichen Finanzen. Schäuble folgte sachlicher und forderte insbesondere Arbeitsmarktreformen.

Das alles erregt nicht nur Joschka Fischer, sondern auch Intellektuelle wie Bauman, Beck und Habermas, die eine „engere politische Union“ fordern.  Selbst aus dem  Think Tank der Regierenden hieß es z. B. von Herrn von Kyaw: „Anstatt missmutig auszuhelfen, sollte Deutschland beherzt anpacken. Es gereicht ihm nur zum Vorteil.“ (IP Juli/August 2011, 66) Und: „Dank des europäischen Einigungswerks verfügt Deutschland heute über ein stabiles partnerschaftliches Umfeld …. Die Bewahrung dieser politischen wie ökonomischen Erfolgskonstellation erfordert notfalls finanzielle Opfer. Bislang ist das Ganze für Deutschland über die Zinseinnahmen sogar noch ein Geschäft.“ (ebenda, 70).

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer bejubelten auf ihrem Gipfel zum einen ihr erstes Europäisches Semester, bescheidene Wachstumsraten, ihren „Euro-Plus-Pakt“ , den Euro-Sicherungsmechanismus und  „Spar“-Anstrengungen, insbesondere in den hochverschuldeten Euroländern. „Der Europäische Rat stellt fest, dass sämtliche Mitgliedstaaten eindeutig entschlossen sind, alles Erforderliche zu tun, um den Stabilitäts- und Wachstumspakt uneingeschränkt umzusetzen.“ Zum anderen bejubelten die Chefs Fortschritte bei der Abschottung der EU nach Außen und so bei der Verständigung zu repressiver Asyl- und Migrationspolitik, insbesondere beim Ausbau von Frontex. Andererseits aber wurde der Umgang mit der Schengen-Vereinbarung, insbesondere durch Dänemark, zaghaft beklagt. Zum dritten bejubelte man Demokratisierungsbewegungen in arabischen Ländern, die den eigenen Zugang zu Ölressourcen nicht gefährden.

Nach dem Europäischen Rat setzte Frau Kanzlerin ihre Linie fort und erklärte auf der Pressekonferenz: „ Wir haben in Bezug auf Griechenland festgestellt, dass jetzt erst einmal die wichtigsten Gesetze zur haushaltspolitischen Strategie und zur Privatisierung umgesetzt werden müssen, das heißt diesen Gesetzen im griechische Parlament zugestimmt werden muss. Wir haben zweitens festgestellt, dass wenn die Grundlage für ein neues Gesetz gegeben ist, die erforderlichen zusätzlichen Mittel aus öffentlichen und privaten Quellen kommen sollen. Wir haben dann noch einmal … gesagt, dass wir die Beteiligung der Privaten durch informelle und freiwillige Verlängerung der aktuellen griechischen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit anstreben, um damit eine substanzielle Kürzung der im Rahmen des Programms erforderlichen Mittel zu erreichen …  “.

Fazit: Weiterhin werden alle in der EU bestehenden Hierarchien und sozialen Spaltungen vertieft, die Position der Kapitaloligarchien gestärkt, soziale und ökologische Zerstörung forciert.

Eine Ursache dafür ist die anhaltende Defensive der Linken.

Am Sonntag berieten in sozialen Organisationen und Bewegungen Engagierte in Hannover, wie in Deutschland Sozialforumsprozesse befördert werden können. Sie haben herausgearbeitet, dass die Linken in Deutschland eine besondere Verantwortung für die Menschen in Europa haben: Deutschland hat wesentlichen Anteil an den konkreten Rahmenbedingungen und der Verfasstheit der Wirtschafts- und Währungsunion. Beim Umgang mit der Finanz- und  Wirtschaftskrise machen die Regierenden in unserem Land die Interessen deutscher Kapitalkreise geltend. Dabei schüren sie nationalistische Stimmungen. Sie haben wesentlichen Anteil an den Verschärfungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes bzw. an den Regelungen des Euro-plus-Paktes, an den Konditionen für die Ausreichung von Finanzhilfen für hochverschuldete Mitglieder der Eurozone.

Die am Sonntag Beratenden waren sich darin einig, dass Sozialforen und  Sozialforumsprozesse mehr denn je gebraucht werden, um die fragmentierten Kämpfe  der Linken zu überwinden und um endlich gegen die miteinander verquickten Krisenursachen und  Krisenverursacher wirksam vorgehen zu können. Wenngleich dies für eine Kontinuität von Sozialforen spricht, sprechen die gesammelten Erfahrungen für einen klaren Formatwechsel und gegen ein „weiter so“: Gegenwärtig kann kein erfolgreiches Sozialforum geplant, vorbereitet und durchgeführt werden. “Erfolgreich” meint eine bemerkenswerte TeilnehmerInnenzahl, themen- und spektrenübergreifende Diskussionen, Mehrung gemeinsamer Erkenntnisse und Positionen, zielgerichtete Absprachen. Allerdings können und müssen Sozialforumsprozesse in Deutschland belebt werden. Dies könnte auch europäische Sozialforumsprozesse unterstützen.

Die in Hannover Versammelten haben sich dazu verständigt, am 9.12. in Kassel eine international besetzte Podiumsdiskussion und am 10.12. eine Arbeitskonferenz zu veranstalten. In deren Mittelpunkt soll die Auseinandersetzung mit deutscher und europäischer Großmachtpolitik und insbesondere mit dem Euro-Plus-Pakt stehen. Deren soziale, ökologische, demokratie- und “sicherheits”politischen Dimensionen sollen aufgezeigt, erörtert und zu Ausgangspunkten für Kooperations- und Aktionsabsprachen werden.

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