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Heute (“großer”) Start der AKW-“Stresstests”

„Ich bin sehr zufrieden“, jubelte EU-Kommissar Oettinger nach der Vereinbarung mit der Gruppe Europäischer Regulierungsbehörden (ENSREG [1]) zu den AKW-„Stresstests“ in der EU – dort stehen 143 AKW, sind sechs weitere im Bau und neue 15 geplant. Die freiwilligen Tests sollen heute beginnen und drei Phasen durchlaufen: 1. Vorprüfung durch die Kraftwerksbetreiber, 2. Erstellung eines Berichts durch die nationalen Regulierungsbehörden und 3. Überprüfung durch internationale Expertenteams. Den EU-Mitgliedsstaaten bleibt dann überlassen, wie sie mit den Ergebnissen umgehen. Geprüft wird insbesondere, inwiefern die AKW Flugzeugabstürze überstehen. Terrorismus-Angriffe sind ausgeklammert und ihre Bewertung an eine neue Arbeitsgruppe delegiert.

Dass Rebecca Harms nicht zufrieden ist, darf angesichts fehlender Verbindlichkeit und Seriosität nicht überraschen. Eher überrascht die Kritik vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialkomitee und von MdEP Peter Liese (CDU).

Beim G8-Treffen erklärte dann Nicolas Sarkozy, dass es keine Alternative zur Atomenergie gäbe, aber nicht die Kosten, sondern die Sicherheit die Projekte bestimmen müssten. Der Chef der Europäischen Kommission rief zu einer Prüfung der Konvention über nukleare Sicherheit der Internationalen Atomenergie Agentur [2] auf und komplettierte so die Botschaft an die Öffentlichkeit „Wir machen weiter, aber natürlich machen wir es sicherer nach Fukushima“.

Und dann kam erneut der Druck der Anti-AKW-Bewegung in Deutschland auf die dort Regierenden … und nun gibt sich die Atomlobby so rührend europäisch: Der japanische Exekutivdirektor der Internationalen Energieagentur (IEA [3]) Tanaka kritisiert den deutschen Atomausstieg, der den Energie-Binnenmarkt erschüttere. CDU-MdEP Herbert Reul, Ausschusschef für Industrie, Forschung und Energie im Europäischen Parlament, beklagt Bedrohungen für die Markt- und Netzstabilität, für Investitionssicherheiten, für das Klima, drohende Preissteigerungen bei den CO2-Zertifikaten und für Strom – insbesondere in den Nachbarländern – , wachsende Energieabhängigkeit. Gegenüber EurActiv sagte er gestern: „Ein deutscher Alleingang in der Energiepolitik würde bis 2050 rund zwei Billionen Euro mehr kosten als eine europäische Koordinierung. Im Übrigen können wir die ehrgeizigen Pläne in Deutschland gar nicht allein umsetzen. …“ Und dann kommt seine Hinwendung zu Desertec und Seatec und damit die Werbung für gemeinsame Megaprojekte, weshalb man weg müsse vom EEG und hin zu großen Netzinvestitionen, die die Steuerzahlenden, Bürgerinitiativen und Umweltschützer/innen nicht wollen … Und überhaupt sei das Recht viel zu kompliziert, um den Herausforderungen der Zukunft entsprechen zu können.

Ergo: man sollte nach Reul und Co. doch endlich begreifen, dass man von Konzerninteressen ausgehen müsse, um zukunftsfähige EU-Energiepolitik realisieren zu können.

Und so zeigt sich wieder, wozu die Linken gefordert sind: 1. zu zeigen, dass sozial und ökologisch nachhaltige Energiewirtschaft in Deutschland und in der EU möglich ist; dass der Weg zu vorrangig lokal und regional produzierten und genutzten erneuerbaren Energien mit sozialem Wandel einhergehen muss und zugleich 2. dafür mobilisieren, dass Energiewende und sozialer Wandel tatsächlich stattfinden – gerecht, demokratisch und solidarisch.

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