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weil man will, dass „es so weiter geht“, dass die Prioritäten herrschender und regierender Politik so bleiben – das kann die Bundesregierung nicht nur, sondern das macht sie, auch und insbesondere in ihrer EU-Politik. Auf diese Weise verengt sie zugleich die Handlungsmöglichkeiten für andere: Da spielt Schäuble auf Zeit bei der Klärung der Euro-Rettungsschirm-Erweiterung. Dabei weiß er, dass „die lange Bank“ Kredite für Portugal, Spanien und Belgien nur verteuert und „die Märkte immer unruhiger“ macht. Auch EurActiv schlussfolgerte am 15.2.: „Die Taktik der Bundesregierung ist offensichtlich: Sie blockiert die Verhandlungen zum EFSF, um den Einigungsdruck zu erhöhen. Deutschland würde so in einer Kurz-vor-Knapp-Entscheidung viele seiner Positionen durchbringen können – u. a. den umstrittenen Pakt für Wettbewerbsfähigkeit.“ Sie kann sich da auf ihre Bundestagsfraktionen stützen, denn die rufen schon mal wieder alle möglichen Instanzen an, um die Zustimmung des Bundestages für zusätzliche deutsche Zahlungen in den 500 Milliarden-Euro-Rettungsfonds zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Das „Kurz-vor-Knapp“ droht ernsthaft, denn am 11.3. wollen die Regierungs- und Staatschefs der Euroländer sich versammeln, um den EU-Gipfel am 24./25.3. vorzubereiten, der die Euro-Rettung im Lissabonner Vertrag regelt. Der „umstrittene Pakt“ für die Eurozone soll die Anhebung des Rentenalters, die Entkopplung der Löhne von der Preisentwicklung und eine Bremse für die Verschuldung öffentlicher Haushalte festschreiben.

Die zweifelhafte deutsch-französische Innovation für die Eurozone hat gleich mehrfache Effekte: man legitimiert, was man im eigenen Lande sozial- und wirtschaftspolitisch Destruktives tut, gerade machen will  bzw. mittelfristig vorhat; man nötigt andere, dies nachzuvollziehen und erschwert innerhalb der EU politische Richtungsänderungen, um sozialen und ökologischen Erfordernissen gerecht zu entsprechen. Dabei agiert man gegen das Gemeinschaftsprinzip und versucht, über die Vereinbarung zwischen Staaten auch europäische Institutionen in ihren Handlungsmöglichkeiten zu beschränken.

Da sich Mitglieder der eigenen Parlamentsfraktionen aus formalen Gründen über den Regierungsvorstoß aus Berlin und Paris von Anfang Dezember ärgerten, brachten ihre Chefs die Parlamentsfraktionen zusammen und der CSU-Landesgruppenchef im Deutschen Bundestag Friedrich erklärte: „Die europäische Integration, die von den EU-Institutionen in Brüssel ausgeht, reicht nicht aus. Es müssen die Bereiche harmonisiert werden, die von den nationalen Regierungen angesprochen werden.” Fragt sich nur, mit welchem Ziel.

Nun gibt es Leitlinien in der EU zur Gleichstellung von Frauen und Männern, deren halbherzige Umsetzung Deutschland und Frankreich viel Kritik eingebracht hat. OK, das Fraktions-Papier ist so schlecht nicht. Aber in der Position zur Religionsfreiheit wird ignoriert, dass man selbst Andersdenkende und Anderslebende – insbesondere Roma – diskriminiert und das gar heftig. Passagen zum Schutz von Christinnen und Christen lassen sogar auf mögliche Militäreinsätze außerhalb der EU-Grenzen schließen. Und die Erklärung zur EU-Erweiterung fokussiert gar sehr auf Kriminalitätsprobleme, die nach mehr Repression rufen lassen sollen.

Die Eingangsthese wird u. a. vom Entwurf für das deutsche Nationale Reformprogramm bestätigt, das bis April in Brüssel vorzulegen ist. Dort werden die Vorhaben, um die sozialen Kernziele der EU bis 2020 zu erlangen, sehr „bescheiden“ und zögerlich angegangen. Das trifft insbesondere für die Armutsbekämpfung zu, wo nach Meinung von ExpertInnen der Europäischen Kommission gut und unproblematisch die Zahl der von sozialer Ausgrenzung Betroffenen/ Bedrohten um 2,5 Millionen statt um 660.000 gesenkt werden könnte.

Für Linke in Europa gibt es also auch weiterhin viel zu tun, nicht zuletzt für Linke in Frankreich und Deutschland: sie müssen insbesondere aufzeigen, wie jetzt in der EU Handlungsmöglichkeiten genutzt und erweitert werden können, um soziale, ökologische und globale Probleme zu mildern, nachhaltige Entwicklung einzuleiten – wie jetzt begonnen werden kann, Gesellschaft zu demokratisieren.

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