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„Wichtige Weichen in der deutschen und europäischen Wirtschaftspolitik sind Anfang 2011 falsch gestellt … Die EU-Länder haben trotz ihrer jüngsten Beschlüsse noch nicht die nötigen Vorkehrungen getroffen, um die Krise der Währungsunion einzudämmen“,  sagt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung in seinem „Jahresausblick“ von vorgestern.

(www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_59_2011.pdf)

Der IMK Report 59 ist lesenswert und liefert gut aufbereitetes Daten- und Faktenmaterial. Die vorgeschlagenen Maßnahmen überraschen nicht, was nicht vorrangig als Kritik verstanden werden soll, sondern die Kontinuität der IMK-Arbeiten würdigt. Schließlich haben sich die Autoren – Gustav Horn, Fabian Lindner, Torsten Niechoy, Simon Sturm, Silke Tober, Achim Truber, Henner Will – immer wieder für den Erhalt des gesamten Euroraumes und seine Stabilisierung ausgesprochen und folgerichtige Forderungen an die deutsche Bundesregierung adressiert. „Die enge nationale Perspektive muss … aufgegeben werden … Dazu gehört, dass die Finanzpolitik in Deutschland … weiterhin expansiv ausgerichtet bleibt.“ Zugleich haben sie sich dafür ausgesprochen, dass „die Wirtschaftspolitik dem Euroraum einen langfristig tragfähigen und glaubwürdigen institutionellen Rahmen“ gibt. Dazu wiederholen bzw. ergänzen sie einen Maßnahmen-Mix mit den Eckpunkten Erweiterung des  Rettungsfonds zwecks Garantie bestehender Staatsschulden, Fortsetzung des Staatsanleihen-Aufkaufs durch die Europäische Zentralbank, Ausreichung niedrigverzinster Kredite durch den Rettungsfonds, Auflage von Eurobonds ab 2013, Gründung eines Europäischen Währungsfonds. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt soll so reformiert werden, dass die ökonomische Gesamtsituation der Länder insbesondere hinsichtlich der Verschuldung und Leistungsbilanzgewichte umfassender berücksichtigt wird. Zugleich sollen die Steuerbasis für Unternehmenssteuern verbreitert und ein EU-weiter Mindeststeuersatz eingeführt werden. Deutschland und andere EU-Mitglieder mit Leistungsbilanzüberschüssen sollten über Investitionsprogramme die Binnennachfrage zu stärken.

Dem könnte zum gegenwärtigen Zeitpunkt ebenso zugestimmt werden wie den Warnungen vor einer Aufspaltung der Eurozone, dem Austritt/Ausschluss von Mitgliedern, einer Sanierung durch maximalistisches Sparen oder staatliche Insolvenz. Schließlich würden derartige „Lösungen“ eine weitere Destabilisierung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie der Europäischen Unon bedeuten. Allerdings zeigen sich die Grenzen des IMK-Verständnises von Wirtschaftspolitik und seiner Vorschläge schon darin, dass die Problematik des EU-Haushaltes hochgradig marginalisiert bleibt. Das trifft auch für die Frage nach der europäischen Integration zu. Hier aber sind die Links, die eine wirtschaftspolitische Stabilisierung mit Schritten hin zu sozial und ökologisch nachhaltiger Entwicklung verbinden können. Dabei wäre auch der (reformierte) Stabilitäts- und Wachstumspakt abzuschaffen. Aber das Anliegen, wirtschaftspolitisch dazu beizutragen, dass sich die EU in einer Richtung und in einer Art und Weise entwickelt, so dass soziale, ökologische und globale Probleme demokratisch und gerecht gelöst werden können, wird nicht einmal angedeutet. Leider gibt es auch keinen Hinweis oder Bezug auf das Memorandum 2010/2011 der Europäischen Arbeitsgruppe Alternativer Wirtschaftswissenschaftler/innen (www.euromemo.eu/).

Zumindest drei Vorschläge wären von links aus erneut zu unterbreiten:

Erstens könnte von allen Eurostaaten gemeinsam ein europäisches sozialökologisches Zukunftsinvestitionsprogramm aufgelegt werden, das einen Einstieg in den sozialökologischen Umbau begünstigt.

 

Zweitens wäre ein zivilgesellschaftlicher Diskussionsprozess im europäischen Maßstab zu initiieren, in dem die Zielsetzungen für die EU 2020 neu diskutiert werden und die Konzeption Global Europe ersetzt wird.

 

Drittens wäre der finanzpolitische Handlungsrahmen der EU zu erweitern und eine finanzpolitische Handlungsmöglichkeit für eine alternative „EU-Wirtschaftsregierung“ zu schaffen. Dafür wäre die Beschränkung des EU-Budgets auf 1,2% des BIP der Mitgliedstaaten aufzuheben und EU-weit wären Steuern (Ressourcenverbrauch, (Luft)Verschmutzung)) einzuführen bzw.  an die EU wäre ein höherer Anteil vom nationalen Steueraufkommen abzuführen.

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