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Die gestaute Krise

Die Bundesregierung und ihr Umfeld erfreuen sich derzeit an der Konjunkturstatistik; und einige mögen wirklich glauben, dass die Krise vorbei sei. Richtig ist daran, dass die Bundesrepublik bisher durch eine geschickte Gestaltung der staatlichen Interventionsmaßnahmen die Wirkungen der Krise gering halten konnte. Der Preis dafür war und ist hoch: Staatsverschuldung und sich immer mehr ausweitende prekäre Beschäftigung sind der Preis. Mit anderen Worten – die Bundesrepublik hat im Verlaufe der Krise vorerst ihre Konkurrenzposition behaupten können. Finanziert wird dies von den Massen – in aller Welt. In allen wesentlichen Zielländern deutscher Exporte beruht die Nachfrage auf der Ausweitung des Geld- und Kreditvolumens. Die ohnehin konjunktur-skeptische FTD schreibt daher heute sicherlich zu Recht über die neuesten Beschlüsse der Fed: „Wird das Ganze diesmal gutgehen? Man kann schon deshalb daran zweifeln, weil es ja bezeichnend ist, dass die neuen Maßnahmen der Fed überhaupt notwendig werden, nachdem sie bereits seit zwei Jahren eine Nullzinspolitik verfolgt und ihre Bilanz verzweieinhalbfacht hat (von den Fiskalpakten zu schweigen)…
Man kann daran zweifeln, weil die private Verschuldung in etwa auf dem unmittelbaren Vorkrisenniveau verharrt ist. Man kann daran zweifeln, weil die Kapazitätsüberhänge auf den Güter- und Immobilienmärkten enorm bleiben – vom Arbeitsmarkt, dem Abwärtsdruck auf die Löhne und den Folgen von Langzeiterwerbslosigkeit und Investitionsschwäche auf das Potenzialwachstum gar nicht zu sprechen.“
Kapazitätsüberhänge und Innovationsschwäche lösen sich nicht durch Kreditausweitung – vielmehr werden sie dadurch eher konserviert. Genau dies geschieht derzeit. Die Entwicklung in der Automobilindustrie ist dafür ein gutes Beispiel. Dadurch, dass die Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte faktisch in der Automobilindustrie selbst monopolisiert ist, wird ein notwendiger Strukturwandel verschleppt und auf das Format der e-Mobilität zurechtgestutzt. Die Überkapazitäten der „alten“ Autoindustrie werden nahtlos in die der „neuen“ übergeleitet. Die tiefgehenden Veränderungen der Zulieferbeziehungen und der Infrastruktur werden anarchisch verlaufen, und so weitere Krisenpotenziale aufbauen. Der Abbau der Staatsverschuldung wird gleichzeitig die Spielräume weiterer staatlicher Interventionen im Stile der Konjunkturpakete und Bankenrettungsinterventionen beschränken. Auch erscheint vor diesem Hintergrund die Wiederholung der Abmilderung der Krise über Kurzarbeit oder andere arbeitsmarktpolitische Maßnahmen eher fraglich. Da es sich aber bei dem Übergang zum e-Auto um einen außerordentlich komplexen und tiefgehenden Umbruch auch auf dem Arbeitsmarkt geht, wird eine aktive Arbeitsmarktpolitik unumgänglich sein. Dies gilt freilich nur, wenn die herrschenden das derzeitige Maß sozialer Stabilität halten wollen, und nicht auf repressivere Formen setzen wollen.
Es besteht daher kein Anlass, das Ende dieser Krise zu verkünden. Die Konjunktur ist ein Zwischenspiel (und möge sie auch länger dauern), das in einer Rückkehr zum 2007 eingeleiteten Krisenablauf auslaufen wird. Keine der Auslöser der Krise sind bisher tatsächlich aufgelöst worden.

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