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„Ja!!!“, wenn es nach dem Bundesvorsitzenden von Bündnis 90/DIE GRÜNEN Cem Özdemir und dem Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung Ralf Fücks geht. Beide  schielen offen auf grüne Regierungsämter und hoffen auf Wahl-Stimmen seitens der Protestierenden und mit diesen Sympathisierenden.

Daran braucht man sich nicht zu reiben. Schließlich ist es besser,  auch und insbesondere im Wendland und in Stuttgart erlebbar zu sein und nachhaltig um sozialökologischen Umbau zu ringen.

Der Unterschied zwischen „green“ oder „(green) progressive“ growth und sozialökologischem Umbau konnte gestern Abend erneut klar werden, als Özdemir und Fücks mit John Podesta diskutierten. Podesta war drei Jahre lang Stabschef im Weißen Haus unter Bill Clinton und leitete Barack Obamas „transition team“. Nunmehr ist er Präsident und CEO des Think Tank „Center of American Progress“, trifft sich mit Westerwelle und Profalla, will Gabriel und Özdemir in das gemeinsame Boot hieven helfen …

„Progressive Growth. Transforming America’s Economy through Clean Energy, Innovation, and Opportunity” war der Plan für Obamas Administration, den John Podesta im November 2007 gemeinsam mit Sarah Rosen Wartell und David Madland publizierte. Die beiden Grundideen sind: a) Wirtschaftswachstum durch Transformation zur kohlenstoffarmen Wirtschaft und globale Führung  in Sachen Innovation, Technologie und Wissenschaft; b) eine “Leiter wirtschaftlicher Mobilität” schaffen, so dass die Amerikaner und ihre Familien besser leben können, die Mittelklasse expandiert und gedeiht, die Weltwirtschaft prosperiert.

Und da ist es auch schon ausgesprochen: Die Lage der sozial und global Schwächsten soll bestenfalls auch verbessert werden.  Es geht nicht zuerst und vorrangig um ihre Interessen. Die gesellschaftlichen – soziale Spaltungen und Ungleichheit setzenden – Strukturen werden nicht prinzipiell in Frage gestellt, die wirtschaftlichen Strukturen eher technisch. Der regulierende Staat, die Haushalts- und Finanzpolitik gelten als Schlüsselakteur bzw. Schlüsselinstrumente für den Weg zu „progressive growth“.

Podesta schwärmte und meditierte, Fücks kommentierte und resümierte die entscheidende Orientierung für gewollte grüne Regierungspolitik: „Neuerfindung der Industriegesellschaft“, die ihre globale Konkurrenzfähigkeit stärkt, sich auf Effizienzsteigerung, erneuerbare Energien und erneuerbare Ressourcen stützt, Arbeitslosigkeit und desolate öffentliche Finanzen bekämpft.

Da gibt es keine Reflexion des Atomkompromisses, von Arbeitsmarktreformen und Agenda 2010, von Lissabonstrategie, „Global Europe“ und Kriegsbeteiligung … Bei Özdemir kann man sie bestenfalls unklar ahnen. Oder ist es Besänftigung der Parteimitglieder und Anhänger/innen?

Bundesvorsitzender und Stiftungsvorstand setzen auf „nachhaltige Industriepolitik“, um erforderliche Umbaumaßnahmen der Industrie zu entwickeln und zu gestalten. Sie soll über bloße Konkurrenzfähigkeit hinausgehen und der Verantwortung für die Lösung sozialer, ökologischer und globaler Krisen Rechnung tragen.

Allerdings kann Konkurrenzfähigkeit keine Krisenursachen überwinden, sondern nur erneuern und neue schaffen. “Entkoppelung von ökonomischem Wachstum und Nutzung begrenzter Ressourcen” reicht in den globalen Industrieregionen nicht aus: Es geht auch um Rückbau und insbesondere um konkreten Aufbau im globalen Süden.

Unter jenen, die gegen das Projekt S21 – teilweise seit 1995/96 – und gegen die Castortransporte – teilweise bereits seit Jahrzehnten – kämpfen, sind Frauen und Männer, die über den ökologischen, ökonomischen, haushalts- und sicherheitspolitischen Wahnsinn hinaus sehen und denken: Sie benennen die sozialen Folgen und gesellschaftlichen Ursachen dieses Wahnsinns.

In Stuttgart und im Wendland opponieren nicht allein Angehörige und Interessen-Verfechter/innen eines bestimmten Mittelstandes und damit vermeintliche “Grünen-Wähler/innen”, sondern auch sozial Ausgegrenzte und Gegner/innen von sozialer Ungleichheit. Es geht nicht allein gegen „die Basta-Politik“ der heute Herrschenden, sondern auch um Demokratisierung als Weg grundsätzlicher gesellschaftlicher Umgestaltung.

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