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http://commons.wikimedia.org/wiki/File:35-h.gif Am 11. November 2010 wird in Brüssel eine Anhörung zu der von der EU-Kommission geplanten Revision der Arbeitszeitrichtlinie stattfinden. In diesem Zusammenhang hat die Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke in Zusammenarbeit mit der Wolfgang-Abendroth-Stiftungs-Gesellschaft sowie mit der Bildungskooperation Mittelfranken eine Studie unter dem Titel „Arbeitszeitentwicklung in Europa“ vorgelegt. Die Studie wurde von Steffen Lehndorff, Alexandra Wagner und Christine Franz erarbeitet.
Nicht umsonst stand die Auseinandersetzung um die Arbeitszeit, um den Zehn- und dann Achtstundentag, am Beginn des bewussten Handelns der ArbeiterInnenbewegung. Der Kampf um den Achtstundentag war gar einer der ersten Kämpfe, die von der ArbeiterInnenklasse international geführt wurde. Wer über die Zeit verfügt, verfügt über gesellschaftliche Gestaltungsmacht. Entsprechend erbittert waren die Auseinandersetzungen. Marx charakterisierte deren Bedeutung folgendermaßen: „Zum »Schutz« gegen die Schlange ihrer Qualen müssen die Arbeiter ihre Köpfe zusammenrotten und als Klasse ein Staatsgesetz erzwingen, ein übermächtiges gesellschaftliches Hindernis, das sie selbst verhindert, durch freiwilligen Kontrakt mit dem Kapital sich und ihr Geschlecht in Tod und Sklaverei zu verkaufen. An die Stelle des prunkvollen Katalogs der »unveräußerlichen Menschenrechte« tritt die bescheidne Magna Charta eines gesetzlich beschränkten Arbeitstags, die endlich klarmacht, wann die Zeit, die der Arbeiter verkauft, endet und wann die ihm selbst gehörige Zeit beginnt.“ (Kapital Bd.1 S. 319-320)
Nach der letzten Offensive zur Durchsetzung der 35-Stunden-Woche in der Metallindustrie in den 80er Jahren ist es um dieses Thema recht still geworden. Mit der Konstituierung eines neuen Normalarbeitsverhältnisses haben sich nicht nur die Bedingungen für die Durchsetzung einer radikalen Arbeitszeitverkürzung verändert, sondern auch die Bedürfnisse der Beschäftigten. Wie kann es gelingen, unter diesen Bedingungen einen neuen Anstoß für eine offensive Auseinandersetzung um Arbeits- und Lebenszeit zu geben?
Die Studie untersucht die Arbeitszeittrends in den Ländern der EU-27, länderspezifische Arbeitszeitstandards, Erwerbsbeteiligung und Arbeitszeiten im Familienkontext sowie Trends bei atypischen Arbeitszeiten. Umfangreiche statistische Angaben sowie ein umfangreiches Literaturverzeichnis runden die Studie ab. Das dabei entstehende Bild ist äußerst differenziert. In einem abschließenden „Ausblick“ halten die AutorInnen fest: “In einer Situation, in der es schwerfällt, arbeitszeitpolitische Erfahrungen der Vergangenheit unmittelbar in aktuelles Handeln zu übersetzen, ist es sinnvoll, nach differenzierten Ansatzpunkten für Arbeitszeitpolitik zu suchen. Arbeitszeitpolitik, die auf die Begrenzung und Verkürzung der Arbeitszeit gerichtet ist, spricht neben dem Aspekt der Beschäftigungssicherung zugleich andere zentrale Interessen der Beschäftigten an. Für ein solches Herangehen lassen sich aus der hier präsentierten Bestandsaufnahme der europäischen Arbeitszeittendenzen einige Anregungen ableiten.“ (S. 103) Das ist freilich eine große Herausforderung an linke Parteien und Bewegungen wie auch die Gewerkschaften.
Nach der Anhörung am 11. November wird die Studie auch zum download oder zum Bezug über die Fraktion der EP-Fraktion bereitstehen.

Arbeitszeitentwicklung in Europa. Eine Studie von Dr. Steffen Lehndorff, Dr. Alexandra Wagner, Christine Franz. Hrsg. Thomas Händel/Axel Troost

One Response to “Arbeitszeitfragen sind Machtfragen”

  1. […] Gerade haben wir eine Studie erhalten, die im Auftrag der GUE/NGL zum Thema Arbeitszeitentwicklung in Europa entstanden ist. Näheres im blog mehring1. […]

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