Feed on
Posts
Comments

Ist die Krise vorbei?

Wenn Krisen eine Frage der Wahrnehmung wären, könnte das wenigstens in bestimmten Teilen der deutschen Bevölkerung, für einen Teil der Unternehmen und in einigen Regionen des Landes stimmen. Auch statistische Daten könnte man so interpretieren. Wenn man Krise jedoch konsequent ökonomisch fasst, dann entstehen Zweifel an dieser These. Auch die FTD kommentiert schon seit Monaten in ihrer Kolumne „Das Kapital“ immer wieder die statistischen Aussagen von staatlichen Stellen und von Unternehmen bezüglich der Aufschwungsvermutungen eher zweifelnd.
Eigentlich ist die Frage, ob die Krise „vorbei“ sei auch gar nicht so wesentlich – wesentlicher ist die Frage, ob im Krisenverlauf wesentliche Widersprüche in der wirtschaftlichen Entwicklung gelöst wurden oder nicht. Das Maß, in dem Überkapazitäten real abgebaut und andere Disproportionen (etwa zwischen dem Finanzsektor, den verschiedenen Bereichen der Industrie, der Massenkonsumtion usw.) überwunden wurden entscheidet letztlich darüber, wodurch die Phase nach dem Sinken der Produktion gekennzeichnet ist – durch eine langanhaltende Stagnation oder durch eine reale Belebung der wirtschaftlichen Tätigkeit. Auch entscheidet sich daran, wann die nächste Krise ausbricht und welchen Charakter sie hat.
Dabei ist ein wichtiges Spezifikum der Krise 2007-2010 zu berücksichtigen: es ist/war nicht nur eine Wirtschaftskrise in klassischem Sinne, sondern eine, in der sich wirtschaftlicher Einbruch mit Hungerkrise und Klimakrise verschränkte. Die Entwicklung des BIP ist somit ein Indikator, der höchstens einen Teil des Krisengeschehens erfasst. Berücksichtigt man die Gesamtheit der Krisenfaktoren, so wäre eher die These berechtigt, dass wir uns noch in der Krisenphase befinden, die lediglich durch eine vor allem durch Umverteilung finanzierte Belebung unterbrochen ist. Die Wirkungen der Staatsverschuldung in allen Teilen der Welt und die Belebung der Praktiken auf den Finanzmärkten, die letztlich die Krise ausgelöst hatten (also Verbriefungen usw.) sprechen gegen eine „echte“ Überwindung der Krise.

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.

Facebook IconTwitter IconView Our Identi.ca Timeline