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Die schwedische EU-Präsidentschaft, die vom 1. Juli bis zum 31.12.2009 währte, ist zumindest aus drei Gründen bemerkenswert: Sie war 1) eine schwerpunktbezogene gut organisierte, außerordentlich aktive und initiativreiche Präsidentschaft, 2) deutlich auf die Rolle der EU als handlungsfähiger globaler Akteur ausgerichtet und 3) mit ihren konkreten, richtungsbestimmenden Ergebnissen ein Kontrastprogramm zu vorherigen Präsidentschaften.

„Bemerkenswert“ ist kein Lob, keine positive Würdigung oder eine Zustimmung, sondern eine Feststellung, die aus Vergleichen hervorgegangen ist. Das Wort soll helfen, deutlich zu machen: Die Linken in der Europäischen Union, die seit langem gefordert sind, an gesellschaftspolitischen Alternativen zur vorherrschenden EU-Entwicklung und -Politik zu arbeiten, müssen dies stärker denn je aus globaler Verantwortung und mit dem Blick auf globale Probleme tun. Stärker denn je wäre die Suche nach demokratischen und gerechten Lösungen für globale Probleme mit konkreten Positionen zur EU zu verbinden. Und stärker denn je wären an Nationalstaaten und EU gerichtete Forderungen an erforderliche globale Wirkungen zu orientieren.

Kurz vor Sylvester legte die Präsidentschaft ein Papier zu den Ergebnissen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik auf den Tisch, in dem geschrieben ist: „Die Schwedische Präsidentschaft … ist das Ende einer Ära in der Entwicklung der Europäischen Union. Aber sie war auch der Beginn einer neuen Ära, da die EU von einer hauptsächlich regionalen Wirtschaftsmacht zu einem zunehmend wichtigen globalen und zugleich politischen Akteur wird.

Um diese Position zu erlangen, wurde es notwendig, die gemeinsamen Institutionen zu stärken, und insbesondere solche, die mit einem Mandat der Bürger/innen Europas ausgestattet sind – der Europäische Rat und das Europäische Parlament. Aber es wurde ebenso wichtig, zu zeigen, dass die Europäische Union fähig ist, bei globalen Schwerpunktfragen, wo grenzüberschreitende Probleme grenzüberschreitende Lösungen erfordern, geeint zu bleiben und gemeinsam zu handeln.“

Dafür wurden zwei Problemkreise angeführt: Das Agieren in Sachen Finanzkrise und Regulierung der Finanzmärkte und in Sachen Klimawandel und Kopenhagener Klimagipfel.

Zunächst wäre selbstverständlich zu sagen: Die Richtung und das Schrittmaß der Problembearbeitung stimmen nicht: die Hauptursachen der Probleme und ihre Hauptverursacher werden nicht benannt und angegriffen wie es vonnöten ist. Und dennoch müssen die Interessenkonstellationen in der EU gesehen werden und auch, dass sie im Vergleich mit ihren globalen Konkurrenten wiederum führend ist.

Das macht es nicht leichter für die Linken, die mit Kopenhagen „EU-Innenpolitik“ und „geeintes Vorgehen gegen Extremismus und Terrorismus“ erneut bzw. zunehmend als Repression von neuer Dimension erfahren mussten.

Unter schwedischer Präsidentschaft hat die EU bezüglich Überwachung, Repression, Abschottung und Militarisierung einen neuen Schritt in die falsche Richtung getan und andererseits einen Hieb gegen jene, die die EU in Richtung Freihandelszone entwickeln wollen.      

Die Linken sollten nach dem gescheiterten Klimagipfel und erlebter Repression nicht einfach „Klimagerechtigkeit jetzt!“ und „Nieder mit der Repression“ bzw. Ähnliches rufen, sondern vor allem die Papiere lesen, die Menschen von Bewegungen aus dem globalen Süden nach Kopenhagen mitgebracht haben: das „Peoples’ Protocol on Climate Change“, die Konzepte und Kampagne-Papiere „A Platform For Climate Justice“ von asiatischen Bewegungen, Organisationen und Netzwerken, die „IEN Platform for COP 15 and COP+“ des Indigenen Umweltnetzwerkes, den Aufruf der Internationalen Kampagne für die Rechte der Klimaflüchtlinge (ICCR) „Act Now. Climate Justice for Climate Refugees“, den Ruf der Whiteband-Kampagne gegen globale Armut „We call for Climate Justice and End Poverty now”, den Appell der Kampagne zu Tribunalen gegen die soziale und ökologische Zerstörung im globalen Süden durch TNC – ausgelöst vom europäisch-lateinamerikanisch-karibischen Netzwerk „Enzalando Alternativas“, das Dokument „No More Debts. For Human Rights and Rights of Nature. Towards a Jubilee South Platform on Climate Change, Ecological Debt and Financial Sovereignty“.

 Hier finden sich wichtigste Orientierungen 2010 für Linke im globalen Akteur Europäische Union: 

–          die Finanzkrise und die Klimakrise haben gleiche Verursacher: die global Herrschenden, zu denen die in der EU Herrschenden und sie Beherrschenden gehören

–          die Bekämpfung der Finanzkrise kann nicht wichtiger als die Bekämpfung der Klimakrise sein, aber gegen beide kann und soll zeitgleich vorgegangen werden, indem der Kampf gegen Armut zur Priorität erhoben wird. Denn: dies zwingt zu Strategien, um Biodiversität zu erhalten und zurück zu gewinnen, natürliche Lebensgrundlagen zu bewahren und zu heilen – was insbesondere die drastische Reduzierung klimaschädigender Emissionen verlangt und die Ökosysteme stärkt

–          wenn es Regierenden darum geht, die EU als politischen globalen Akteur zu entwickeln, dann wäre von links aus zu sagen: „Ja, die EU soll ihre Verantwortung als globaler Akteur im Kampf gegen Armut, Klima- und Umweltzerstörung wahrnehmen. Sie soll ihrer historischen Schuld und Verantwortung entsprechend den Armen im globalen Süden solidarische Hilfe erweisen, die eigenen Produktions- und Konsumtionsstrukturen sowie ihre Außenbeziehungen umgestalten!“

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