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Immer mal wieder Marx lesen

Karl_Marx_001 An diesem Wochenende treffen sich in Berlin WissenschaftlerInnen, die sich mit Fragen der Marxrezeption befassen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht die Frage, ob und wie man mit der MEGA Marx neu lesen kann bzw. muss. Nach 1990 ist ja die Arbeit an diesem Werk auf neuer Grundlage weitergeführt worden. Das war ein Thema, dass durchaus grundsätzliche Fragen der Marxrezeption überhaupt berührt. Ein Redner sprach von der nun „bürgerlichen“ MEGA. Thomas Marxhausen verglich in einem sehr interessanten Beitrag die Editionsgrundsätze aus den siebziger Jahren mit den heutigen. Er wandte sich dabei gegen die Fiktion, Wissenschaft könne ideologiefrei betrieben werden.
Tatsächlich, und darauf verwies Rolf Hecker bereits in seinem einführenden Beitrag, ist die Marxrezeption Gegenstand einer zwar nicht laut, aber auf jeden Fall untergründig geführten Auseinandersetzung. Er verwies dabei auf zahlreiche Verkürzungen und bewusste bzw. unbewusste Verfälschungen im wissenschaftlichen wie vor allem im journalistischen Betrieb. Dazu gehöre auch das Abtun der Dialektik als „Spielerei“ – übrigens eine Argumentation, die man schon früh in Auseinandersetzungen mit Marx findet. Marxhausen hatte vorher bereits die Ignoranz gegenüber der Wert- und Mehrwerttheorie thematisiert.
Die Veranstaltung ist natürlich auch immer Anlass für Forscherinnen und Forscher aus vielen Teilen der Welt, über aktuelle Diskussionen in ihren Ländern zu informieren. Die Veranstalter können in diesem Jahr u.a. Gäste aus Japan, Russland, Südkorea, Schweden und Italien begrüßen. Michael Krätke gab zudem in seinem Beitrag einen Überblick über marxistische bzw. von Marx inspirierte Diskurse in weiteren Ländern.
Jakov Rokitjanskij aus Moskau wird am Sonntag eine gerade erschienen Biografie über Rjazanov, den „Vater“ der ersten MEGA, vorstellen. Nach einer kurzen Durchsicht lässt sich schon sagen, dass sie nicht nur für Marx-ForscherInnen interessant sein dürfte. Rokitjanskij entwirft vielmehr ein umfassendes und auf seine Art beeindruckendes Bild der widersprüchlichen Entwicklung der russischen Sozialdemokratie, der Bolschewiki und der Sowjetunion der zwanziger und dreißiger Jahre.
Heute am Samstag werden in Arbeitsgruppen verschiedene Arbeitsergebnisse zur Entwicklung der marxschen Auffassungen auf unterschiedlichen Gebieten diskutiert. Auch wenn dies auf den ersten Blick vielen langweilig erscheinen mag – es verspricht gerade unter dem Gesichtspunkt der Forschungsmethode auch für heutige Gesellschaftsanalyse eine fruchtbare Diskussion zu werden. Krätke charakterisierte die Arbeit von Marx und Engels eingangs ja auch als Untersuchung eines Transformationsprozesses. Abgesehen davon, dass die damit verbundenen Einblicke in die Geistes- und politische Geschichte immer wieder interessant sind…

Zu den Seiten des Kapital-Lesekurses der rls
Zum Berliner Verein zur Förderung der MEGA-Edition

One Response to “Immer mal wieder Marx lesen”

  1. Was passiert, wenn nach der Lektüre von Dean Baker, Michael Hudson, Noam Chomsky, Naomi Klein, The Nation, Harper’s and dollarsandsense.org ein Mensch nicht “mal wieder”, sondern erstmals Marx liest, kann man in dem extrem authentischen Blogeintrag “Nobody actually Reads Karl Marx and Capital” nachlesen: counterecon.com/2009/08/25/nobody-actually-reads-karl-marx-and-capital/

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