Nun wird ja den Kollegen der CDU große Wirtschaftskompetenz zugewiesen. Sehen wir uns mal an, was Friedrich Merz kurz vor der Eskalation der Finanz- zur Wirtschaftskrise schrieb:
„Welche Leistungsfähigkeit kapitalmarktorientierte Modelle der Vermögensbildung über längere Zeiträume erreichen, zeigen beispielhaft die vielen Pensionsfonds in den USA… So verfügt etwa der Chicago Teacher‘s Pensions Fund CTPF im Jahr 2007, dem 112. Jahr seines Bestehens, über ein Vermögen von rund 13 Milliarden Dollar. In diesem Jahr konnte der Fonds sein Vermögen um 17,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern… In den USA und vielen anderen – auch europäischen – Ländern vertrauen die Arbeiter, Angestellten und Staatsbediensteten ihre Altersvorsorge ganz überwiegend großen Fonds an und setzen auf deren Rentabilität. Diese Rentabilität ist abhängig von der Entwicklung der Aktionen und der Investitionen zum Beispiel von Private-Equity-Fonds… ein am Kapitalmarkt breit gestreutes Vermögen [wächst] sehr viel schneller und garantiert – je nach Anlageklasse und Risikostruktur – den Sparern eine überdurchschnittlich hohe Rückvergütung ihrer Beiträge mit erheblichen Kapitalerträgen im Alter… In Deutschland müsste daher zunächst einmal ein grundsätzliches Vertrauen in das konkurrenzlose Potenzial der Kapitalmärkte, die Alterseinkommen sichern, wiederhergestellt werden.“ (ders. Mehr Kapitalismus wagen München/Zürich 2008 S. 148-150)
Abgesehen davon, dass Merz hierbei nicht einmal tut, was von jedem Bankberater gefordert wird (nämlich das Risiko des Totalverlustes wenigstens auszusprechen), hat das Beispiel des Pensionsfonds CalPERS die These von Merz trefflich widerlegt. Der nämlich ging an Geschäften mit Derivaten fast pleite.
Vor zehn Jahren lobte die Dredner Bank übrigens genau diese Derivate euphorisch:
„Kapitalanlagen sind vielfältigen Risiken ausgesetzt. Entsprechend ihrer langfristigen Verbindlichkeiten sind Pensionsfonds in besonderem Maße daran interessiert, ihre Risiken zu minimieren. Daher waren in der Vergangenheit Pensionsfonds häufig an der Gestaltung derivativer Finanzinstrumente beteiligt. Erst durch ihren Einsatz lassen sich bestimmte Anforderungen wie z. B. eine ausreichende Deckung der Verbindlichkeiten durch Anlagen in gleicher Währung, Laufzeitkongruenz von Verbindlichkeiten und Forderungen oder bestimmte Risikoanforderungen erfüllen. Finanzderivate schaffen die Voraussetzung, um verschiedene Risikoprofile eines Portfolios synthetisch zu erzeugen und so das Portfolio genau mit den Risikopräferenzen des Investors in Einklang zu bringen… In den USA und in Großbritannien wurden die regulatorischen und steuerlichen Hindernisse für den Einsatz von Derivaten Anfang der neunziger Jahre beseitigt, so daß ihrer Verwendung durch Pensionsfonds dort nun nichts mehr im Wege steht. Den Anlegerinteressen kann durch das erweiterte Instrumentarium besser entsprochen werden. Ertragschancen lassen sich besser nutzen und Risiken begrenzen.“ (Dirk Fach,D./Finke, R./Stanowsky, J.; Altersvorsorge zwischen demographischem Druck und Wirtschaftswachstum, Frankfurt/Main 1999 S.18)
Wie sagte doch Meinhard Miegel: „Ein Euro Privatvorsorge bringt mehr für die Alterssicherung als ein Euro Rentenbeitrag.“ (Miegel, M. Die deformierte Gesellschaft, Berlin/München 2002 S. 270)
Die Frage ist immer, für wen…
Eine Frage der Kompetenz – nur welcher?
22. Juli 2009 | Lutz Brangsch