Feed on
Posts
Comments
Langfassung des Beitrags für das Buchprojekt »In einer aus den Fugen geratenden Welt. Linke Außenpolitik: Eröffnung einer überfälligen Debatte«, hrsg. von Paul Schäfer, Hamburg 2014, S. 27-43

„Was tun“ und „Wer tut es?“ sind immer die zentrale Frage der Linken gewesen1. Zumeist in der Defensive, konfrontiert mit scheinbar unlösbaren Problemen und getrieben von höchsten Ansprüchen radikaler Veränderung hat sich keine andere politische Kraft derart unter Handlungszwang gestellt wie die Linken. Die Epoche wurde vor allem als Handlungs-Raum-Zeit gedacht. Nicht zufällig war es der brillante Stratege Lenin, der die marxistischen Epochebestimmungen (siehe Jameson 1997) mehr als jeder andere mit unmittelbarer Handlungsorientierung verband: Wer kann wie und mit welchen Zielen und Mitteln wirksam werden und einen möglichen Strukturbruch in ein epochemachendes Ereignis mit strukturierender Wirkung verwandeln? Zur Epochebestimmung gehörten für Lenin (1) „welche Klasse im Mittelpunkt dieser oder jener Epoche steht“, (2) damit den „wesentlichen Inhalt, die Hauptrichtung ihrer Entwicklung“ sowie (3) „die wichtigsten Besonderheiten der geschichtlichen Situation“ bestimmt (Lenin 1915, 134). Für ihn besteht die „Marxsche Methode… vor allem darin, dass der objektive Inhalt des geschichtlichen Prozesses im jeweiligen konkreten Augenblick, in der jeweiligen konkreten Situation berücksichtigt, dass vor allem begriffen wird, die Bewegung welcher Klasse die Hauptrichtung für einen möglichen Fortschritt in dieser konkreten Situation ist“ (ebd., 132). Heute wissen wir im Sinne des kritisch-reflexiven Realismus, dass die kausalen Mechanismen oft nur latent sind, dass sie je nach konkreter Lage aktualisiert werden können oder auch nicht (siehe Sum/Jessop 2013, 10 – soweit die Originaltexte englisch sind, wurden sie übersetzt), dass einzelne Ereignisse das Handlungsfeld in Abhängigkeit vom schnellen Handeln einzelner Akteure völlig neu strukturieren. Weiterlesen im PDF

  1. “Was tun“ war ein von Nikolai Gawrilowitsch Tschernyschewski 1863 im zaristischen Gefängnis geschriebener Roman, der die Frage stellt, wie Menschen durch ihr konkretes individuelles Tun zur Gesellschaftsveränderung beitragen können (Tschernyschewski 1952). Lenin übertrug dies 1902 in seiner Schrift „Was tun? Brennende Fragen unserer Bewegung“ (Lenin 1902) auf die Frage der Parteistrategie. Jüngst griff David Harvey diese Frage wieder auf (Harvey 2009) und auch Sahra Wagenknecht verwandte diesen Bezugspunkt in der aktuellen Krise (Wagenknecht 2013). []

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.

Facebook IconTwitter IconView Our Identi.ca Timeline