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Stepfan Kaufmann hält in der Berliner Zeitung, Wochenendausgabe 12./13.11.2011 Seite 11, die aktuellen Erfolge deutscher Großunternehmen fest, die Überschrift des Artikels: “Die Konzerne horten Milliarden.” Untertitel: “Dank hoher Gewinne haben große Unternehmen ihre Firmenkassen gefüllt. Jetzt droht der Abschwung.”  Im Text führt er ausführliche Beispiele für die vollen Kassen an und erklärt:

Wegen der gestiegenen Risiken sammeln die Unternehmen Cash-Reserven an, um sich vor einer Kreditklemme zu schützen. Gleichzeitig aber besteht die Gefahr, dass die Firmen Ausgaben vertagen und dadurch den Abschwung verstärken.”

Aber wäre nicht auch eine andere Interpretation denkbar als die Reaktion auf “Risiken” seitens der Konzerne? Für wen stellt es eine “Gefahr” dar, wenn die Firmen auf  Abschwung navigieren?

Eine Passage aus Peter Weiss’ Ästhetik des Widerstands, nur geringfügig verändert (kursiv), macht klar, was sich m.E. abzeichnet. Mit Peter Weiss’ Worten könnte eine Bilanz der für die nächste Legislaturperiode absehbaren SPD-Regierung heute schon so lauten:

Anstatt den Erfolg nach fast zweihundertjährigem Andrägen greifbar machen zu können, hatte die Sozialdemokratische Partei einen Staat zu leiten,  über den von den Unternehmern der Bankrott verhängt worden war. Seht, wurde den Regierenden zugerufen, wie ihr fertig werdet damit, und es war offenbar, daß sie bald würden augeben müssen. Die exportbasierte Konjunktur während der Krise hatten den Industriellen Maximalprofite eingebracht. Bis zum letzten waren die Arbeitenden ausgepumpt worden, da konnten sie sich, eine Zeitlang, selbst überlassen bleiben, als Reserve, die die Fabrikanten nichts kostete. Zu eingeleiteten Kursfälllen und Betriebsstillegungen wurden die Löhne herabgedrückt, vielerorts bis zu fünfzig Prozent. Aufbegehrende Gewerkschaftsabteilungen wurden in die Aussperrung versetzt. Mit Streiks wäre der Krise nicht beizukommen gewesen. Bald wuchs die Zahl der Erwerbslosen auf … an. Allein in der Metallindustrie wurden über … Arbeiter entlassen. An Sozialreformen war nicht zu denken, … es ging jetzt nur darum, Unterstützungsgelder für die betroffenen Familien aufzubringen.” Peter Weiss, Die Ästhetik des Widerstands, FFM 1998, Seite 807f

In der Weiss’schen Perspektive würde der Untertitel lauten: “Dank hoher Gewinne haben große Unternehmen ihre Firmenkassen gefüllt. Jetzt drohen sie mit Abschwung.”

One Response to “Jetzt drohen sie mit Abschwung”

  1. s sagt:

    in den anstehenden tarifverhandlungen “drohen” die arbeitgeberverbände (und ihre kofferträger, die ökonomen) in der tat mit dem abschwung:
    www.fr-online.de/wirtschaft/herbstgutachten-lohnnachschlag-bleibt-wohl-aus,1472780,11006822.html
    ansonsten unterstelle ich den vom profitstreben getriebenen unternehmern aber das interesse an aufschwung. sollte der abschwung kommen, wäre ihnen das nicht recht. dennoch kommt dieser abschwung über sie. und sie sorgen über kosteneinsparungen dafür, dass dieser abschwung nicht sie, sondern die anderen trifft. das sind die vorteile, wenn man die freiheit über die organisation der produktionsbedingungen besitzt.

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