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[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=5dTHlTu_DC8[/youtube]In den letzten Jahren wurden neue Formen der Arbeitsorganisation zurück geschraubt, erreichen ihre Grenzen. Von Kapitalseite erfolgt ein Rückbau von Autonomiespielräumen, Verschärfung von Kontrolle, Intensivierung und Prekarisierung der Arbeit sowie Überausbeutung. Auf Seite der Lohnabhängigen führt dies zu breiter Demotivierung und Kreativitätssperren, sowohl durch die ›Selbstausbeutung‹ in flexiblen, enthierarchisierten Arbeitsverhältnissen, als auch durch die engen Grenzen der betrieblichen Vorgaben und Despotismus (v.a. im Niedriglohnsektor) oder mangelnde Perspektiven. Dies bedeutet in vielen Fällen Erschöpfung, Verunsicherung, burn out, mangelnde Requalifizierung – zu den psycho-pysischen Folgen siehe Candeias.

Im Ergebnis liegt das jährliche Wachstum der Arbeitsproduktivität in den letzten 10 Jahren – trotz New Economy Boom – in Deutschland unter 2%, fluktuiert meist um die 1%. In den USA ist das Wachstum der Arbeitsproduktivität von 2000 bis 2007 im Durchschnitt auf 0,5% gesunken. Erst durch Massenentlassungen in der Krise konnte sie (statistisch) auf durchschnittlich 2% verbessert werden (Bureau of Labour Statistics 2010).Die Kapitalproduktivität entwickelt sich noch schlechter: von 1980 bis 1992 konnte sie noch deutlich gesteigert werden, mit der Rezession Anfang der 1990 fiel sie dann wieder dauerhaft und konnte erst mit dem New Economy Boom noch einmal kurzfristig gesteigert werden. Seit der Krise 2000/2001 fällt sie deutlich ab (erreichte das Niveau von 1979). Die Bundesbank bestätigt: „In der Tendenz entspricht die sinkende Kapitalproduktivität […] dem langfristigen Trend, der den überproportional wachsenden Kapitaleinsatz (Substitution von Arbeit durch Kapital)“ widerspiegelt – in der Krise 2008 fällt die Kapitalproduktivität noch einmal um 6,6% deutlich ab (Arbeitsproduktivität –4,9%; BuBa Wirtschaft&Statistik 1/2010, 16f). In den USA sinkt die Kapitalproduktivität bereits seit dem Jahr 2000 (vgl. Grafik). Trotz fallender Investitionen und sinkender Lohnquote steigt die Kapitalintensität bei zurückgehender Arbeits- und Kapitalproduktivität bzw. steigendem Kapitalkoeffizienten (Kapitalstock durch Inlandsprodukt), einem starken Indikator für die rasch steigende organische Zusammensetzung des Kapitals. „Die Profitrate steigt, wenn das Wachstum der Reallöhne niedriger ausfällt als … der gewichtete Durchschnitt von Arbeits- und Kapitalproduktivität“ – doch „es ist dieser doppelte Verfall der Arbeitsproduktivität im Verhältnis zum Kapitaleinsatz pro Kopf, aber auch im Verhältnis zu den Löhnen, der den Fall der Profitrate einleitet“ (Husson 2010). Die Potenziale der neuen Produktivkräfte lassen sich unter den neoliberalen Produktionsverhältnissen nicht weiter realisieren.

Grafik: Kapitalkoeffizient (nach EU-Kom)

Zu Beginn der neoliberalen Periode konnte dank Entwicklung der Produktivkräfte und auf Kosten von sinkenden Investitionen und Löhnen sowie steigender Verschuldung von Staaten und Haushalten die Profitabilität des Kapitals gesteigert werden – insbesondere für transnationale Konzerne und Finanzinstitutionen dank einer starken Profitratendifferenzierung zu ihren Gunsten (Husson 2010). Mit den Jahren wurde es jedoch immer schwieriger Krisen zu vermeiden oder einzudämmen und wirtschaftliche Entwicklung und Wachstum wieder herzustellen. Die entscheidende Frage von links ist: wie lässt sich an die gebrochenen neoliberalen Versprechen von Autonomie in der Arbeit organisierend, mit einer kollektiven Perspektive anknüpfen, und zugleich individuelle Autonomiespielräume realisieren und erweitern? Die Fesseln abschütteln ohne in falsche Gegensätze von Individualismus (jeder ein Selbstunternehmer) und Kollektivismus (alle ein Teil des Gesamtarbeitskörpers) abzugleiten, um die größte Produktivkraft, die Kreativität menschlicher Arbeit freizusetzen.

One Response to “Erschöpfung der neuen Produktivkräfte”

  1. StefanMz sagt:

    Danke für die Zusammenstellung der Zahlen — interessant! Und um deine Frage zu beantworten: Innerhalb der Kapital- und Verwertungslogik ist eine kollektive Perspektive mit individueller Autonomie nicht mehr zu holen. Auch das hat sich erschöpft. Das folgt ziemlich stringent aus deiner Darstellung.

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