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Voraussetzungen eines rot-rot-grünen Projekts

Nicht nur vor dem Hintergrund des erneuten Scheiterns einer möglichen rot-rot-grünen Regierung sieht es schlecht aus für ein solche Projekt. Einige kursorische Überlegungen…Vor dem Regierungsantritt von rot-grün 1998? kam es ein gemeinsames Projekt mit klaren Maßnahmen eines sozial-ökologischen Umbaus, der Reregulierung von Finanzmärkten, der Reform der schwarz-gelben Arbeitsmarktpolitik. Das Projekt startete in einer relativ konsolidierten neoliberalen Konstellation, v.a. international, also unter wenig vorteilhaften Voraussetzungen. Es endete in einem klassischen Prozess des Transformiso, der Integration führender oppositioneller Gruppen in den herrschenden Block. Das rot-grüne Projekt führte zur gesellschaftlichen Verallgemeinerung des Neoliberalismus.

Heute sind die Voraussetzungen für ein rot-rot-grünes Bündnis noch ungünstiger, gleichzeitig ist der Handlungsdruck durch die multiplen bzw. strukturellen Krisen größer. Der neoliberale geschichtliche Block zerfällt in der Krise, verliert seine Zustimmung. Der neoliberale Machtblock hingegen, die Regierungen in erster Linie setzen offen auf autoritäre und im engen Sinne monetaristische Politik.

In dieser Situation gibt es tatsächliche Bewegung bei SPD und Grünen weg von der neoliberalen Agenda ihrer Regierungszeit. Es gibt Anzeichen der Erneuerung, Debatten um eine Reorientierung bei Sozialpolitik oder Finanzmarktregulierung. Während die SPD in prekärer Lage nur zögerlich Schritte vorwärts und rückwärts geht, haben die Grünen ein ausstrahlungsstarkes Projekt formuliert: den Green New Deal. Dieser ‘programmatischen’ Bewegung steht jedoch eine realpolitische Gegenbewegung entgegen. Schon im Zuge der Krise seit 1998, besonders in der speziellen Griechenland- bzw. Eurokrise zeigt sich, dass die SPD – hier insbesondere Steinmeier und Steinbrück, aber auch die Partei insgesamt – einen mindestens ebenso harten Sparkurs präferiert, wie die Regierung. Auch die Grünen – bis hin zu Linken wie Sven Giegold – verfechten mit Bezug auf Griechenland harte Auflagen für Hilfen (bei voller Rückzahlung, ohne Umschuldungsmaßnahmen, mit Lohnsenkung – „innere Abwertung“ – und Sozialkürzungen ). Finanzpolitische Radikale wie Christine Scheel forderte im Handelsblatt Griechenland notfalls aus der Währungsunion zu werfen (der Ökonomienobelpreisträger Stieglitz fordert übrigens, Deutschland hinaus zu werfen, um die enormen Spannungen in der Eurozone abzubauen). Über die Erziehung der haushaltspolitsch ‘verlotterten’ Griechen wird europaweit eine austeritätspolitische Wende vollzogen, mit prozyklischer, also in dieser Situation krisenverschärfender Wirkung. Die Setzung von vermeintlichen Sparzwängen schränkt politische Handlungsspielräume ein und befördert autoritäre Tendenzen der Entdemokratisierung.

Unter diesen Bedingungen und Kräfteverhältnissen ist anzunehmen, dass die programmatische Bewegungen von SPD und Grünen nach Links an der realen Praxis ihre Grenzen findet. So fordern die Grünen zwar neben der bestehenden Währungsunion eine europäische Wirtschaftsregierung, aber eben nur eine Wirtschafts-Regierung. Soziale Kriterien sollen nur in einer Charta annotiert werden, mit quasi orientierendem Charakter. D.h. auch bei progressiven Projekten wie dem Green New Deal werden dann eher auf die marktorientierten, profit- und wachstumsträchtigen, ‘rein’ ökologischen, wenig sozialen gar transformatorischen Optionen befördert werden. Demokratisierung etwa spielt schon jetzt kaum eine Rolle bei vielen dieser Konzepte.

Mit Blick auf ein rot-rot-grünes Bündnis heißt dies: Es gibt kein gemeinsames Projekt. Was nicht bedeutet, nicht um ein solches zu streiten. Der Minimalkonsens und Ausgangspunkt könnten defensive Positionen gegen anstehende Versuche für breite Kürzungsorgien sein. Doch die Absage in Düsseldorf zeigt: vor einer rot-rot-grünen Regierung bedarf es eines cross-over-Prozesses, indem sich eine gesellschaftliche Strömung für ein Projekt sozial-ökologischer Transformation formieren kann, Gemeinsamkeiten und Differenzen kennen, politische Kulturen und Uinterscheide respektieren lernt. Erst dann kann ernsthaft von einer rot-rot-grünen Regierungsperspektive 2013 gesprochen werden – sofern sie denn gewünscht wird…

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